Inspirierendes Beispiel

Andreas Schmidt

Vielen Dank für diesen wunderbar einfühlsamen Artikel über den Physiklehrer Thomas Neukirchner!

Er verdeutlicht, wie wichtig die Fähigkeit des Staunens, des Wartens, des sich Zeitnehmens ist. Nur so entstehen beim Kind echte Begeisterung und Motivation aus der Tiefe.

Beim Lesen fühlte ich mich stark erinnert an meine Erfahrungen mit meiner 10-jährigen Tochter in unseren selbstgestalteten »Matheabenteuern«:

Ein Problem, eine Herausforderung haben, sich Hineindenken, dem Kind Zeit lassen, sich vertiefen in die Thematik, immer wieder innehalten, dem Kind Anstöße geben, die gewohnte (und geplante!) Richtung verlassen, erhellende Momente genießen, Erkenntnisse finden, dem Kind auf seinem Weg folgen und achtsam begleiten:

So stellt sich mir die ideale Schüler-Lehrer-Beziehung dar. Und so scheint mir auch der einzige Weg, beim Kind Motivation, Interesse und Neugier zu bewahren.

Dieser beschriebene »induktive Stil«, also vom konkreten Problem zu einer allgemeinen Erkenntnis auf unbekanntem Wege zu gelangen steht einem »deduktiven Stil« vollständig entgegen, bei dem von einer vorgegebenen Regel, einer Gesetzmäßigkeit ausgegangen wird und dann anhand von konkreten Beispielen diese Gesetzmäßigkeit erklärt und bewiesen wird. Dabei spielt das Prozesshafte, die Bewegungen beim Lernen, wie oben geschildert, keine Rolle mehr.

Leider überwiegt immer noch häufig der letztgenannte, deduktive Stil – der Artikel und die Arbeit von Herrn Neukirchner sind ein inspirierendes und ermutigendes Beispiel für einen Stil, der ganz vom Kind gedacht und gelebt wird!

Möge diese Arbeit an unseren Schulen mehr einfliessen und der Artikel mehr Lehrer und Eltern ermutigen, mit ihren Schülern und Kindern auf einzigartige Abenteuerreisen zu gehen!

Dazu möchte ich die Bücher und Forschungen von Martin Kramer empfehlen (www.unterricht-als-abenteuer.de). Auf seiner Internetseite liest man:

»Wenn der Unterricht nicht selbst zum Gegenstand des Schülers wird, wird es schnell öde für ihn. Egal wie gut Sie kochen können: Es schmeckt besser, wenn man mitgekocht hat. Es geht um den Prozess, um das gemeinsame Miteinander und nicht in erster Linie um das Ergebnis.«

Hier finden sich neben konkreten Werkzeugen auch zahlreiche wertvolle Hinweise zur induktiven Didaktik und kindgerechten Wissensvermittlung. Eine wahre Fundgrube für diejenigen, die selber die Begeisterung – für häufig »trockene« Themen – noch nicht verloren haben und bereit sind, sich mit den Kindern auf eine abenteuerliche Entdeckungsreise zu begeben!

Worauf es mir hauptsächlich ankommt, ist die Einsicht, dass kein Gedanke, kein Begriff als solcher von einer Person auf eine andere übertragen werden kann. (...)

Nur wenn er selbst mit den Problemen ringt, seinen eigenen Ausweg sucht und findet, denkt er. Wenn Vater, Mutter oder Lehrer für die Umwelt gesorgt haben, die zum Denken anregt, wenn sie an den Betätigungen des Lernenden inneren Anteil nehmen, mit ihm in einen gemeinsamen Vorgang des Erfahrens eingehen, so haben sie alles getan, was ein zweiter tun kann, um das Lernen zu fördern. Das übrige bleibt die eigene Aufgabe des Lernenden.« (J. Dewey, Demokratie und Erziehung, Weinheim 1993, S. 213)

Andreas Schmidt, Vater von 4 Kindern, Waldorfschule Werra-Meissner, Eschwege