Lehrergesundheit und Arbeitsbedingungen an Waldorfschulen

Christian Boettger

Allgemein gilt der Lehrerberuf als einer der anstrengendsten Berufe. Die Daten zum Krankheitsstand insbesondere älterer Kollegen rechtfertigen die allgemeine Besorgnis. Wie sieht die Situation bei Waldorflehrern aus? Sind sie mit ihrem Beruf zufrieden, sind sie gesünder oder kränker als ihre Kollegen an staatlichen Schulen?

Das Projekt der Hannoverschen Kassen »Individuelle Initiative und Gesundheit« zielt darauf ab, die Wahrnehmung der Gesundheitssituation in den Kollegien zu schärfen. Die Hannoverschen Kassen boten Schulen Beratungen in Form von Einzel-Coaching-Gesprächen an. Die Kassen sind hochzufrieden mit dem Verlauf und werden es fortführen, denn es entsteht eine nachweisbare dynamische und positive Entwicklung an den gecoachten Schulen.

Das Projekt »Verfahren zur Qualitätsentwicklung von Unterricht an Waldorfschulen« wurde in den letzten drei Jahren mit großem Erfolg an drei Waldorfschulen in Düsseldorf, Hamburg und Köln durchgeführt. Es bestand aus Hospitationswochen von externen Kollegen, Intervisionsgruppen und internen Hospitationen. Über 77 Prozent der befragten Kollegen gaben an, durch die externen Hospitationen neue Perspektiven für ihre Arbeit gefunden zu haben, knapp über 70 Prozent durch interne Hospitationen. Insbesondere die strukturierten Nachbesprechungen, die ganz konkrete Rückmeldungen zu den Stärken und Schwächen der Stunden beinhalten, haben zu einer zunehmenden Freude an internen Hospitationen geführt. Der kollegiale Austausch, die Wahrnehmung und Wertschätzung der Kollegen waren die wichtigste Erfahrung. Das Öffnen der Klassenzimmertür schafft eine Grundlage für die eigene Entwicklungsarbeit.

Das Projekt »Arbeitsbedingungen, Arbeitszufriedenheit und Arbeitsbelastung bei Waldorflehrern« soll die Datengrundlage bilden, um Maßnahmen zur Verbesserung zu ent­wickeln. Die Auswertung der durchgeführten Gruppendiskussionen zeigte, dass in der Regel der Unterricht als Erholung angesehen und die Anpassung der Unterrichtsinhalte und Methoden an die individuellen Klassen und Schülerpersönlichkeiten als positiv eingeschätzt wird. Dass die Per­sönlichkeitsförderung wichtiger ist als die reine Wissens­vermittlung und ein persönlicher Bezug zu Schülern und Eltern besteht, wird als belebend empfunden. Wie auch an den Regelschulen wird der Zeitaufwand für die Korrekturen in den Prüfungsfächern als belastend angesehen.

In puncto Schulklima wird der starke Gemeinschaftsbezug positiv erlebt, der starke Gruppendruck und die hohe Leistungserwartung in den Bereichen der Schulverwaltung aber als Belastung. Ein großes Problem scheinen die Gehaltsordnungen zu sein. Nun gilt es, die Daten aus der empirischen Untersuchung – 2700 Fragebögen von 117 Schulen mit jeweils 327 Fragen – auszuwerten.

Die Untersuchungsergebnisse werden im Lauf des Jahres 2011 veröffentlicht.