Jugendliche verbringen ihre Freizeit zunehmend bildungsorientiert

»Dennoch sind die Unterschiede im Freizeitverhalten von Jugendlichen unterschiedlicher sozialer Herkunft noch genauso stark ausgeprägt wie vor zehn Jahren«, sagt der Ökonom Adrian Hille, einer der Autoren. »Jugendliche aus sozial schwächeren Haushalten nutzen bildungsorientierte Angebote viel seltener als junge Menschen aus gut situierten Familien«.

Die Daten zeigen: Während zwischen 2001 und 2004 nur etwa zehn Prozent der 16- bis 17-Jährigen musizierten, waren es zwischen 2009 und 2012 bereits knapp 18 Prozent. Noch stärker hat im gleichen Zeitraum das ehrenamtliche Engagement der 16- bis 17-Jährigen zugenommen (von 11 auf 22 Prozent). Darüber hinaus ist der Anteil der Jugendlichen, die Sport treiben, tanzen oder Theater spielen, gestiegen. Gleichzeitig verzeichnen die Forscher einen Abwärtstrend der sogenannten informellen Freizeitbeschäftigungen. So ist der Anteil derer, die täglich mit der besten Freundin oder dem besten Freund unterwegs sind, im Untersuchungszeitraum von 40 auf 25 Prozent zurückgegangen.

Nach wie vor gestalten vor allem Jugendliche aus höheren sozialen Schichten ihre Freizeit bildungsorientiert. Denn die Bildung der Eltern entscheidet maßgeblich darüber, ob Jugendliche außerhalb der Schule musizieren, Sport treiben oder sich ehrenamtlich engagieren. Kann die Mutter weder Abitur noch einen Universitätsabschluss vorweisen, haben ihre Kinder eine um 20 Prozentpunkte geringere Wahrscheinlichkeit der Teilnahme an einer bildungsorientierten Freizeitaktivität als andere. »Solche Jugendliche sind gleich mehrfach benachteiligt«, betont der SOEP-Forscher Adrian Hille. »Denn ihre weniger günstigen Bildungsmöglichkeiten zu Hause, in der Schule und in der Freizeit verstärken sich gegenseitig.«

Die Daten zeigen auch: Jugendliche, die an einer bildungsorientierten Freizeitaktivität teilnehmen, sind im Durchschnitt signifikant zufriedener mit ihrem Leben als solche, die das nicht tun.

Damit die Bildungsungleichheit in der Freizeit der Jugendlichen reduziert werden kann, fordern die Forscher den weiteren Ausbau von Ganztagsschulen. Darüber hinaus sollten bildungsorientierte Freizeitangebote verstärkt staatlich gefördert werden. Als Beispiel nennen sie das Programm »Jedem Kind ein Instrument« (JeKi), das es Kindern ermöglicht, ein Jahr lang kostenlos ein Instrument zu lernen. JeKi wurde 2007 in Nordrhein-Westfalen eingeführt und findet nun bundesweit Nachahmer. Ursprünglich ging dieses Programm von der Bochumer Rudolf Steiner Schule aus. 2012 feierte die Bochumer Initiative ihr zenhjähriges Jubiläum.

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin