Flaschen.Post

Myriam Courrèges

Was haben eine Pfandflasche und weibliche Genitalverstümmelung miteinander zu tun? Ziemlich viel. Wer seine Pfandflasche an der Freien Waldorfschule Schwäbisch Hall spendet, rettet ein Mädchen mit einer Patenschaft der Waris Dirie Foundation vor diesem grausamen Ritual.

Die Idee »Flaschen.Post« kam mir vor ungefähr einem Jahr beim Putzen in der  Schule. Wie jede Woche lagen eine Menge Pfandflaschen in der Ecke, im Müll oder im Blumentopf. Mich nervte es, wie achtlos mit Ressourcen an unserer Schule umgegangen wird. Dabei sind Pfandflaschen Geld wert – das kann jeder sehen, wenn er Menschen dabei beobachtet, wie sie von Mülleimer zu Mülleimer ziehen. Zur gleichen Zeit beschäftigte mich das Schicksal von Waris Dirie und ihren Leidensgenossinnen.

Die Idee nahm mit zwei Mitschülern immer mehr Form an. Ich besuchte das Projektmanagement-Seminar von »WIR macht Schule« – ein Programm des Landes Baden-Württemberg. Ich begann an das Projekt zu glauben, war voller Energie und Tatendrang, startete mit der Sponsoren-Suche und entwarf zusammen mit meiner Kunstlehrerin und einer Grafik-Designerin Logo, Flyer und Plakate.

Ich kam mit vielen Menschen, die sich mit dem Thema Genitalverstümmelung beschäftigten, ins Gespräch und gewann ein differenziertes Bild. Ungewohnt waren die Telefonate, E-Mails und persönliche Vorsprachen bei Banken und anderen Unternehmen. Es war eine besondere Erfahrung, wie ich als eine einfache Schülerin Aufmerksamkeit und Zeit für mein Anliegen geschenkt bekam. Ich hatte nur eine Idee, teilte sie Menschen mit, überzeugte sie und die Menschen vertrauten mir und unterstützten mich – und es kommt tatsächlich etwas in Bewegung.

Bei der Vorbereitung meiner Präsentation für den Projekttag wurde mir die Bedeutung der »3 Gs« klar: Gleichgültigkeit ist unser ständiger Begleiter in der Flut aus Bildern und Nachrichten. Sie berühren uns vielleicht noch, aber sie verändern uns nicht. Die Gedanken-Barriere ist die Bremse in unserem Leben. Wir wagen keine großen Sprünge mehr. Wir verbieten uns, ein Morgen zu denken, das wir wollen. Vereinen wir uns in diesem Willen, sind wir gemeinsam viel stärker.

Es reicht ein einfacher, alltäglicher Gegenstand wie eine Pfandflasche, um ein Zeichen zu setzen, gegen die Probleme und Missstände in dieser Welt, die wir nicht länger gleichgültig hinnehmen, sondern verändern wollen. Es reicht eine kleine, bewusste Handlung, um mit kleinen Dingen Großes zu bewirken!

Zur Autorin: Myriam Courrèges (18) besucht die Freie Waldorfschule Schwäbisch Hall und initiierte den Projekttag mit Film und Referat am 10.Oktober 2016 an ihrer Schule.

Kontakt: myriam_courreges@yahoo.fr | www.facebook.com/pfandhilft