Ist Macht menschlich?

Lucas Bauer

Über 270 Schülerinnen und Schüler trafen sich vom 10. bis 13. Mai 2018 an der Freien Waldorfschule Überlingen zur 27. Bundesschülerratstagung. Die WaldorfSV, Veranstalter der Tagung, beschäftigte sich ein halbes Jahr mit der Frage, ob Macht über Humanität steht. Ist es möglich, eine Gesellschaft zu schaffen, in der jeder einzelne die Möglichkeit auf ein Leben hat, das den Grundbedürfnissen eines Menschen entspricht? In Vorträgen, Workshops und Arbeitsgruppen wurde dieser Frage nachgegangen.

Um den ökologischen Problemen entgegenzuwirken, so Henning Austmann von der Hochschule Hannover in seinem Vortrag, brauche es einen kulturellen Wandel, den einzuleiten, die jungen Menschen Möglichkeiten und Macht besäßen. Am Beispiel des ökologischen Fußabdrucks machte er deutlich, dass im Durchschnitt ein Mensch die Ressourcen von dreieinhalb Menschen verbraucht – was bei manchen Teilnehmerinnen und Teilnehmern Erstaunen und Entsetzen auslöste.

Michaela Glöckler, emeritierte Leiterin der Medizinischen Sektion am Goetheanum, sprach über die Bedeutung der Erziehung und Selbsterziehung in Bezug auf Macht in zwischenmenschlichen Beziehungen. Sie zeigte auf, wie der Wille des heranwachsenden Menschen in der Vorschulzeit durch das Vorbild und die Sinneserfahrung, in der Schulzeit durch die Kultivierung der Gefühle und in der Jugendzeit durch das Denken und die Einsicht angeregt werden kann. Am stärksten von Macht in der Zwischenmenschlichkeit beeinflusst ist dabei das Kind in der Vorschulzeit. Macht sei menschlich und mit ihr menschenwürdig umzugehen, sei unsere Aufgabe, so die Kernaussage ihres Vortrages.

Auch gab es einige spannende Kurzvorträge von verschiedenen jungen Teilnehmern, was sie unter Macht verstehen. Beispielsweise wurde die Ansicht geäußert, dass man auf sich selber keine Macht ausüben könne, da Macht einen Befehl beinhalte und man selbst jedoch aus Freiheit handele. Oder die Meinung, dass immer, wenn jemand Macht ausübe, ein anderer Ohnmacht erfahre. Bei diesem Gedanken ging es vor allem darum, wie man sich aus einem Ohnmachtsgefühl befreien könne.

In Arbeitsgruppen wurden dann verschiedene Themen diskutiert, wie zum Beispiel die Macht von Großkonzernen oder die Frage, wie Macht und Geld zusammenhängen. Am Abend wurden auf dem Podium einzelne unterschiedliche Stellungnahmen abgegeben, so zum Beispiel zum neuen Polizeiaufgabengesetz, zu ökonomischen, zivilgesellschaftlichen und politischen Fragen, die dann gemeinsam diskutiert wurden.

Schließlich musste auch der frei werdende Posten des Vorstands neu besetzt werden. Für den scheidenden Lucas Bauer (FWS Wendelstein) wurde Elisa Scheller (RSS Bochum) gewählt.

Die nächste überregionale WaldorfSV-Tagung findet vom 4. bis 7. Oktober 2019 in der Freien Waldorfschule Hannover-Maschsee statt und vom 23. bis 27. April 2019 wird zusammen mit der Jugendsektion am Goetheanum in Dornach die International Students Conference »Courage« ausgerichtet.

Weitere Informationen: waldorfsv.de

Zum Autor: Lucas Bauer geht in die 12. Klasse der Freien Waldorfschule Wendelstein und war von April 2016 bis Mai 2018 Vorstandsmitglied der WaldorfSV.