Kämpfer für die Kindheit

Es begann am 2. Mai 1999. Wir starteten einen Versuch: Eingeladen waren Kindergärtnerinnen zu einem Frühstück mit Henning Köhler zu dem Thema: »Schwierige Kinder gibt es nicht – aber manchmal haben wir es doch ganz schwer.« Der Austausch war intensiv und offen, die Resonanz groß. Wir baten ihn, ein Ausbildungskonzept zu erstellen. Gesagt – getan, und wir starteten bald mit rund 60 Teilnehmern eine zweijährige Fortbildung. Ein reichhaltiges Angebot an Themen erstreckte sich über zwölf Wochenenden und zwei Blockwochen über zwei Jahre: Angst, Sinneslehre, Ethik des Beratungsgesprächs, Autismus, ADH ... um nur einige zu nennen. Dabei war es Henning Köhler immer wichtig, aktuelle wissenschaftliche Forschungsergebnisse in seine Vorträge einzubeziehen. Hinzu kamen seine jahrelangen reichhaltigen Erfahrungen mit Kindern und Jugendlichen, die er in dem von ihm gegründeten Janusz-Korczak-Institut begleitete. Seine Berichte ließen uns stets seine den Kindern zugewandte warme Haltung wahrnehmen. Gedanken von Philosophen, Pädagogen, Ärzten wie von Emmanuel Lévinas – »Einem Menschen zu begegnen heißt, von einem Rätsel wachgehalten zu werden« oder von Janusz Korczak – »Jedes Kind hat ein Recht so zu sein wie es ist« forderten uns zum Nachdenken heraus: Was bedeuten solche Aussagen für die Begleitung von Kindern und Eltern für unsere pädagogische Arbeit? Werden diese Gedanken in unseren Einrichtungen »gelebt«? Wertfrei den Kindern in der täglichen Begleitung zu begegnen, wurde Anregung zur Selbsterziehung. Demütigende Werturteile verletzen den Menschen. Selbstwahrnehmung und Selbsterziehung üben – ein langer Weg! Kindern mit einem »werterkennenden« Blick zu begegnen und einen »Schützenden Kreis« von Eltern, Lehrern und Paten um ein Sorgenkind zu legen, waren notwendige Voraussetzung seiner Arbeit. Es war für Henning Köhler gerade in schwierigen Situationen ein Anliegen, mit einer inneren warmherzigen Haltung allen Beteiligten zu begegnen. Auch in seinen Ausführungen zur »Ethik des Beratungsgesprächs« war seine zugewandte Haltung Voraussetzung für das Lösen von Problemsituationen. Gerade wenn sich Schwierigkeiten zeigten, waren seine Impulse für uns stärkend. Freiheit in der Pädagogik, Freiheit für das Kind, für die Eltern, uns selbst – wie ist dieser Weg zu finden? Henning Köhlers fundiertes Wissen über die Menschenkunde Rudolf Steiners konnte er für uns in die heutigen Zeitverhältnisse übertragen. Er wollte keine methodischen Rezepte geben – er wollte aufmerksam machen, zum Denken anregen und war dabei freilassend. Sein kritisches Hinterfragen bleibt notwendig in unserer Zeit. Auch wenn seine Ausführungen in der Außenwelt oft nicht beachtet wurden – er blieb sich treu. In einem der mit ihm gemeinsam gestalteten Kongresse wurde die Fortbildung in »Kinder, die aus dem Rahmen fallen« umbenannt. So heißt sie bis heute. Henning Köhler war mit seinen Gedanken »einzigartig«. Wir verdanken ihm viel. Wir werden seine Impulse fortführen!

Für das Seminar für Waldorfpädagogik Köln: Yvonne Rausch und Anne Marisch