Film

Petite Maman - ab 12

Kolumne Knilli

Petite Maman – Als wir Kinder waren (Frankreich 2021, 72 Minuten) ist ein behutsamer Film. Nellys geliebte Großmutter ist im Altersheim gestorben. Mit den Eltern reist Nelly ins verlassene Haus der Großmutter, es muss leergeräumt werden. Marion, Nellys Mutter, ist traurig, Nelly auch. Sie findet, dass sie sich beim letzten Besuch nicht richtig von der Oma verabschiedet hat, das nagt an ihr.

In atmosphärisch starken Szenen schildert die renommierte französische Regisseurin Céline Sciamma den Ausnahmezustand: die Sprachlosigkeit und Erschöpfung der Erwachsenen, die Wachheit des Kindes.

Nellys Mutter ist überfordert und reist unvermittelt ab, der Vater räumt allein weiter, Nelly springt in den lichten Laubwald, der das Haus umgibt. Dort trifft sie das Mädchen Marion beim Bau einer Hütte. »Kannst du mal mit anpacken?« Die beiden verstehen sich auf Anhieb. Und sie sehen einander frappierend ähnlich.

Wir erleben, dass Nelly im Haus der Großmutter mal mit ihrem Vater zu Abend isst, ein anderes Mal mit Marion und deren Mutter Geburtstag feiert. Wir erkennen das Haus wieder, die Möbel, die Tapetenmuster. Die Filmerzählung tut es Kindern gleich, die im Spiel mit einer beiläufigen Geste, einem Kichern, von einem Ort zum anderen, von einer Rolle in eine andere schlüpfen. Im Film ist eine Lücke im Gartenzaun das Schlupfloch zwischen den Zeitebenen. Nelly erlebt ihre eigene Mutter als gleichaltriges Mädchen.

Innige Höhepunkte sind die Momente, in denen die Mädchen ins Spiel eintauchen: Crêpes backen, Brettspiel, Verkleiden, Paddelboot fahren. Die Regisseurin setzt bei der Inszenierung auf die natürliche Beziehung zwischen den beiden Darstellerinnen, sie sind Zwillingsschwestern.

Charmant ist der Moment, als Nellys Vater die kleine Marion trifft und auf Anhieb mag – schließlich wird er sie 15 Jahre später heiraten. Und Nelly erfährt von Marion, dass sie nicht verantwortlich ist für deren Traurigkeit, die sie schon als Achtjährige in sich trägt. Als das Mädchen Marion und seine Mutter schließlich abreisen, kann Nelly ihrer künftigen Großmutter noch »Auf Wiedersehen« sagen. Das befreit sie von dem plagenden Gefühl, mit dem sie angereist war.

Nelly kommt zurück in das leere Haus. Ihre Mutter Marion ist wieder da. Nelly und Marion umarmen sich. Das Geheimnis ihrer Reise in die Vergangenheit behält Nelly für sich.

Ende Juli erscheint die DVD zu diesem Familienfilm (ab 12 Jahren).

Bitte beachten Sie die Kurze Anleitung für einen gelungenen Filmnachmittag.

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