Das Institut Fresenius stellte bei einer Untersuchung fest, dass nur jeder zehnte Verbraucher Industrie und Politik in Sachen Lebensmittel vertraut. Jeder fünfte lehnt gentechnisch veränderte Zutaten ab, versteht die Angaben auf Verpackungen nicht und fürchtet, Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker und Farbstoffe seien gesundheitsschädlich.
Eine Arbeitsgruppe der Universität Göttingen erkannte einen deutlichen Trend: eine neue »Sehnsucht nach Natürlichkeit«. Effizienz und Technologisierung würden von Verbrauchern als »negative Veränderung von Naturprozessen« wahrgenommen. »Die Lebensmittel«, so Maike Kayser, eine Mitautorin der Göttinger Studie, »sind so komplex geworden. Der Vebraucher muss oft einfach dem vertrauen, was auf der Packung steht. Häufig sind Produktdeklarationen so gestaltet, dass er nicht erkennen kann, was genau er vor sich hat.«
Die Deutschen wenden sich auch zunehmend von der industriell erzeugten Fleischnahrung ab. Die Lebensmittelskandale der vergangenen Jahre dürften dazu das ihrige beigetragen haben. Laut einer im Juni 2011 veröffentlichten Umfrage von Forsa betrachten sich derzeit rund 65% der Frauen und 40% der Männer als »Teilzeitvegetarier«. Der Vegetarierbund Deutschland wird von neuen Mitgliedern überrannt: 2010 und 2011 stiegen die Zahlen um jeweils 30% gegenüber 5% in früheren Jahren.
Besonders sensibel sind laut Maike Kayser – verständlicherweise – Eltern mit Kindern: »Eltern wollen dringender wissen als Singles, woraus das Essen besteht. Deshalb sind die Produkte im Babynahrungssegment inzwischen zu 64 % Bio, in anderen Segmenten aber nur zu zwei bis vier Prozent.«
Dem Bedürfnis nach neuer Natürlichkeit steht allerdings die Entwicklung der Arbeitswelt gegenüber, die immer mehr Menschen dazu zwingt, sich unterwegs oder in Kantinen zu verköstigen, ohne dass sie kontrollieren können, was in ihr Essen hineinkommt und wo die Nahrungsmittel herkommen. Dies wird über kurz oder lang dazu führen, dass Schul- und Betriebskantinen von Konsumenten unter die Lupe genommen werden. Und wer sorgt dafür, dass wir wissen, was wir im Restaurant zu uns nehmen?
Mehr dazu auf der Webseite des Verbraucherschutzes lebensmittelklarheit.de und auf der Webseite der »Essensretter« foodwatch.de
Quelle: FAZ