Lebendige Heimatkunde im Schwarzwald

Magdalene Dycke

Auf engstem Raum lernen die Kinder die typischen alten Berufe des Schwarzwaldes kennen, die die heutige Landschafts- und Besiedelungsform geprägt haben. Wenige Meter vom Besucherbergwerk Finstergrund, in dem früher Fluorit abgebaut wurde, befindet sich der alte Köhlerplatz direkt am Bach.

Hier hat Köhlermeister Behringer bereits den Holzrost vorbereitet, auf dem die ein Meter langen Buchenhölzer dicht an dicht in zwei Etagen um einen Schacht herum angestellt wurden. Für den »Hut« wurden kurze Hölzer oben um den Schacht gelegt und bildeten so den Abschluss des Holzaufbaus. Jetzt musste viel Reisig im Wald geholt und gleichmäßig lang zugerichtet werden. Etwa eine Spanne lang wurden die Zweige oben am Stiel abgeknickt, so dass ein »Haken« entstand, mit dem man die Zweige im Holz einhängen konnte. Für die Kohleherstellung ist es notwendig, den Meiler nahezu luftdicht zu »verpacken«, damit beim Durchglühen die Luftzufuhr ganz gezielt durch Luftlöcher und den unteren Rost erfolgen kann.

So bekam der Holzstapel einen dichten Mantel aus grünen Zweigen, bis am Ende kein Holz mehr zu sehen war. Jetzt kam die schwerste Arbeit: Der ganze Meiler musste mit der »Lösche«, dem Kohlestaub der alten Meiler, komplett abgedeckt werden. Schaufel um Schaufel hieß es anwerfen und andrücken, bis ein Meter Höhe erreicht war. Die Zugabe von Wasser verhinderte, dass die Lösche herunterbröselte. Mit dicken Meterhölzern und einer Schicht Reisig wurde dann der untere Teil stabilisiert, der gleichzeitig die Unterlage für den oberen Teil des Meilers bildete. Mit viel Geduld und Anstrengung war es am Ende geschafft – der Meiler war schwarz verpackt und wurde zum Abschluss noch mit leuchtend gelben Herbstblättern geschmückt. Dann zündeten wir den Meiler an. Dabei wurde der Schacht nach und nach mit viel Glut und Holzstücken befüllt. Als diese Befüllung gut brannte, konnte er oben geschlossen und mit Lösche abgedichtet werden. Durch gezielt angebrachte Löcher oben und unten für die Zu- und Abluft kann die Verkohlung genau gesteuert werden. Köhler Behringer versorgte für uns anschließend während acht Tagen den glühenden Meiler und beobachtete, ständig wachsam, die Verkohlung.

Dann machte sich die Klasse nochmal auf den Weg, um das Aufmachen mitzuerleben. Tatsächlich: Das ganze Holz hatte sich in schwarze Kohle verwandelt, wurde glutheiß auseinander gezogen und vorsichtig mit Wasser abgelöscht.

Staunend begutachteten die Kinder ihre Kohle und durften noch am Abend ein Säckchen voll mit nach Hause nehmen. Da von 36 Kindern immer nur ein Teil am Meiler arbeiten konnte, war immer eine Gruppe im Wald rund um den Meiler unterwegs.

Die Kinder schnitzten Runen-Stäbe, sammelten Pilze, bauten Hütten und gestalteten Wappen aus Blättern und Ästen. Besonders spannend war es, auf den alten Abraumhalden des Bergwerkes Quarzkristalle und Mineralien zu suchen. Neben dem Meiler stellten die Kinder an der Feuerstelle Holzkohle-Stifte aus Haselstöckchen her, mit denen anschließend gezeichnet werden konnte. Einige versuchten sich als Flößer, bauten kleine Modell-Flöße und flößten sie den Bach abwärts. Der Besuch in der Tiefe des Bergwerkes sowie die Wanderung auf den »Kopf« des Stollens beeindruckte die Kinder besonders. Zu Fuß ging es die steilen Hänge durch Weiden und Wiesen hinauf, vorbei an Ziegen- und Kuhherden, mächtigen »Weid-Buchen« und entlang langer Brennholz-Stapel, an denen man die Maßeinheit des »Ster« anschaulich erleben konnte. Dann weitete sich der Blick in die Ferne über das Wiesental mit dem Belchen und der »Hohen Möhr« und im Südosten zeigte sich sogar die Schweizer Alpenkette.

Diese Eindrücke fügten sich insgesamt zu einem Gesamtbild der Heimat »Schwarzwald« zusammen, wie es eindrücklicher nicht sein könnte.

Zur Autorin: Magdalene Dycke ist Klassenlehrerin der 4. Klasse an der Freien Waldorfschule Schopfheim.