Lehrerausbildung in der Diskussion. Das Stuttgarter Konzept

Frank Steinwachs

Die Freie Hochschule Stuttgart hat ihre Vorstellung von Lehrerausbildung in einem Sammelband veröffentlicht, in dem die Lehrenden ihre fachspezifischen Konzepte darstellen. Am Anfang steht die Auseinandersetzung mit der Waldorfpädagogik und ihrem Verhältnis zur Erziehungswissenschaft, wobei keine Polarisierung aufgebaut wird. Vielmehr wird – vornehmlich von den Gastprofessoren der Universitäten Rostock (Wolfgang Nieke) und Bielefeld (Harm Paschen) – eine integrative Sicht eröffnet.

Erkennbar mehr Wert als andere Publikationen zur Lehrerbildung legt diese auf die Darstellung der künstlerischen Fächer. Sie werden in den meisten Seminaren nicht nur als Unterrichtsfach gelehrt, sondern auch als Teil der Persönlichkeitsbildung verstanden, Persönlichkeitsbildung durch eigenes Tun. Dies korreliert mit nur selten in vergleichbaren Veröffentlichungen auffindbaren (Lehrer-)Meditationen, deren Bedeutung Renate Schiller hervorhebt. Die Qualität eines Lehrers liegt ja nicht in seinen prüfungsspezifischen Kenntnissen, sondern in seiner pädagogisch und didaktisch kompetenten Persönlichkeit, was Jörg Soetebeer in seinem Aufsatz zur Selbstbildung gelungen ausführt. In den letzten Jahren etwas in den Hintergrund gerückt ist die Dreigliederung als Grundlage des institutionellen Selbstverständnisses von Waldorfschulen, und es ist zu hoffen, dass Albrecht Hüttigs Aufsatz dazu beiträgt, diesen Impuls wieder stärker im Diskurs zu verankern. Der dritte Teil, die fachdidaktische Ausbildung, ist etwas knapp gehalten, was mit Blick auf bereits vorliegende Veröffentlichungen durchaus sinnvoll ist, da vielfach Übereinstimmungen vorliegen, die nicht redundant behandelt werden müssen.

Die Ausführungen von Peter Lutzker über den Sprachsinn, Walter Hutter, Martin Wienemann über Geometrie und Roland Halfen über die Kunstbetrachtung führen in die Methodik der Fachausbildung ein und die empirischen Ergebnisse zur Lehrerausbildung diskutieren hierzu Martzog/Nieke/Hoyer. Zur medialen Aktualität reflektiert Edwin Hübner im vorletzten Artikel die Bedeutung des Lehrers und seiner Ausbildung im digitalen Zeitalter, mit der sich auch die Waldorfpädagogik auseinanderzusetzen hat, denn immerhin ist die (nicht nur) digitale Entwicklung in den Klassenzimmern zunehmend (bildungs-)politisch gewollt und Teil eines in den Schutzraum Schule eindringenden Wirtschaftslobbyismus, und das bringt der Autor deutlich auf den Punkt.

Holger Kern, Tomáš Zdražil und Wenzel M. Götte liefern mit ihrer Aufsatzsammlung zwar einen Beitrag zum akademischen Diskurs, doch eignet sich diese auch gut für fachinteressierte Leser – nicht nur sprachlich wendet sie sich einer breiteren Gruppe zu als nur Studenten oder Lehrern. Insgesamt ist sie ein gelungener Beitrag zur Lehrerausbildung und setzt im Positiven eigene Akzente.

Holger Kern, Tomáš Zdražil, Wenzel M. Götte (Hrsg.): Lehrerbildung an Waldorfschulen. Erziehungskünstler werden, brosch., 384 S., EUR 34,95, Beltz, Weinheim, Basel 2018