Leserbrief zum Editorial März 2012

Sehr geehrter Herr Maurer,

herzlichen Dank für das gelungene Editorial in der Märzzausgabe!

Besonders hat mich gefreut, dass sie den (deutschen) Perfektionswahn und die tief sitzende Angst vor dem »Fehlgehen« thematisieren. Als ehemaliger Waldorfschüler habe ich ja wohl nur eine abgemilderte Form dieser beständigen Urteils- und Vergleichsdiktatur - die wir landläufig Erziehung nennen - abbekommen, und trotzdem: denke ich an meine eigene Schulzeit zurück, zieht sich vor allem die Angst vor dem Fehler, vor dem »Versagen«, dem »Ungenügend-Sein«, als roter Faden durch meine Erinnerung. Das wir mit unseren »Fehlern« ja oftmals schuldig werden an anderen Menschen, mag mit zu dieser Angst vor dem Eingeständnis derselben beitragen. Auch ich verbinde mich lieber durch »positive« Taten mit meinen Mitmenschen. Um Verzeihung zu bitten ist halt auch eine Kulturtechnik, die ich nicht mit in die Wiege gelegt bekommen habe, und dass diese in der Schule gelehrt wurde, muss ich wohl verschlafen haben. Sich selber zu verzeihen scheint mir das Schwierigste überhaupt, und so flüchte ich mich gerne in die Pose des »Wissenden«, um mich vor mir - und den anderen Menschen - zu verstecken.

Sprecht von euren Fehlern, eurem Scheitern, und ihr werdet menschlich ...

Bitte die Erziehungskunst weiterhin so anregend, kontrovers, und ohne Scheuklappen machen!

Mit herzlichen Grüßen

Ben Hadamovsky, Sipplingen