Herrschaft in Frage stellen

Jürgen Behm

Fakt ist, überall dort, wo der imperialistische Staat USA – einen freiheitlichen Staat USA, in dem der sogenannte amerikanische Traum vielleicht noch immer verwirklicht werden kann, soll es ja auch noch geben –, unter dem Deckmantel der von ihm propagierten »westlichen Werte« wie Menschenrechten und Demokratie in fremden Ländern intervenierte, hinterließ er zerstörte Länder und Gesellschaften und unbeschreibliches menschliches Elend, so in Vietnam, Kambodscha, Afghanistan, Irak, Libyen und versteckt jetzt zuletzt auch in Syrien, von den vielen blutigen Eingriffen in den lateinamerikanischen Ländern ganz zu schweigen. Und wer damals in den 1960er Jahren des vorigen Jahrhunderts gegen den Vietnamkrieg der USA oder später gegen deren Intervention in Chile protestierte, muss immer wieder neu feststellen, dass sich seit dem nichts, aber auch gar nichts am imperialistischen Handeln der USA geändert hat. Aber wie Jaecker richtig schreibt und sagt, wir steckten und stecken mitten drin und deshalb ist es mehr als billig, sich hinter Antiamerikanismus und Verschwörungsbehauptungen zu verschanzen und bequem zu machen. Und der sich in diesem Zusammenhang ausbreitende Antisemitismus macht mir große Sorgen.

Aber die vorgenannten Proteste scheinen völlig verpufft und nutzlos gewesen zu sein. Wen wundert es, wenn die von Jaecker kritisierten antiamerikanischen Argumentationsmuster in der Gesellschaft en vogue sind. Und deshalb reicht es nicht aus, bei der Kritik an diesen Mustern stehen zu bleiben. Die Struktur, die das alles augenscheinlich unabänderlich möglich macht, ist in Frage zu stellen, was nichts anderes heißen kann, als Macht und Herrschaft, auch die der Volksherrschaft in Frage zu stellen. Deshalb sind dem allmächtigen Staat, der mit weiter zunehmender Tendenz seine Bürger in Kriege schickt, sie bevormundet, kontrolliert und ihnen immer mehr Steuern, gesetzlich sanktionierten Zwangskonsum und Zwangsubventionen auferlegt, immer dringlicher Selbstorganisationen auf der Grundlage selbstbestimmter und privatrechtlicher Entscheidungen in Diskurs und Handeln gegenüber zu stellen.

Zum Interview mit Tobias Jaecker