Ich habe einen Traum

Mathias Maurer

Liebe Leserin, lieber Leser,

mir träumte, das Goetheanum im schweizerischen Dornach wäre eine freie Universität, ein internationaler Campus, auf dem junge Menschen aus aller Herren Länder studieren: Jura, Medizin, Volkswirtschaft, Erziehungs- und Sozialwissenschaften – und Anthroposophie. Letztere nicht als ergänzendes Beiwerk, sondern als fester Bestandteil des akademischen Curriculums, der alle Fächer durchdringt.

Das Goetheanum muss heuer vier Millionen Schweizer Franken einsparen, ist eigentlich pleite, und streicht Stellen und Angebot. Das ist zu bedauern, birgt aber auch die Chance zu einer echten Erneuerung. Die alten, treuen Anthroposophen, die ihr Vermögen testamentarisch dem Goetheanum vermachten, sterben aus, die Mitgliederzahl der Anthroposophischen Gesellschaft schrumpft. Es rücken keine neuen, jungen Menschen nach, die sich für Anthroposophie interessieren – zumindest rücken sie nicht in die Anthroposophische Gesellschaft ein. Das Goetheanum hat seine Strahlkraft verloren, wird zum Museum, zum Mausoleum einer guten Idee.

Mir träumte, alle anthroposophischen Verbände, die weltweit über tausend Einrichtungen vertreten, Hochschulen und Seminare, retteten zusammen mit einigen anthroposophischen Unternehmern und Stiftern das Goetheanum. In einer konzertierten Aktion begründeten sie eine Hochschule, an der alle Fakultäten vertreten sind, eine Universität, die international akkreditiert ist, an der man alle Abschlüsse ablegen kann – und an der man Anthroposophie studieren kann – eine Elite-Universität – eine anthropo­sophische Exzellenzoffensive ...

Oder war das Steiners Traum, den ich träumte? – Ganz gleich – er kann realisiert werden! Sonst wird Anthroposophie als Geisteswissenschaft ein Traum und ihre akademische Rezeption Nicht-Anthroposophen überlassen bleiben, deren Erkenntnisinstrumente ihr Wesen kaum fassen. 

Aus der Redaktion grüßt 

Mathias Maurer