Leserbrief zu »Unter der Lupe«, Oktober 2012

Barbara Birkemeyer

Der Artikel des Christian Wittrahm hat mich sehr bestürzt.

Ich schreibe sonst nie Leserbriefe, aber hierbei fühle ich mich bewogen, es zu tun.
Denn ich kann nicht verstehen, warum die Schule, die Gartenbaulehrerin nicht auf die Beschwerden des Schülers eingehen wollte.

Zehntklässler sind 15- bis 16jährige Jugendliche, die noch unseres besonderen Schutzes bedürfen.

Man muß doch den geschilderten Beschwerden nachgehen, und kann nicht vom Schüler verlangen, einen Bericht über das absolvierte Praktikum zu verfassen, der gänzlich ohne Kritik sein sollte.

Konstruktive Kritik darf und muß erlaubt sein, wo sollen die SchülerInnen es denn lernen, wenn nicht in der Schule?

Und zudem können die nachfolgenden Klassen und Kollegen auch davon profitieren.
Wir wollen doch die jungen Menschen zu weltoffenen und kritikfähigen Menschen erziehen.

Das Verhalten der Gartenbaulehrerin steht für mein Empfinden im krassen Widerspruch zum Anspruch der Waldorfpädagogik.

Sie mag ihre besonderen Gründe haben, ganz sicher.

Vielleicht mag der Schüler unbequem sein und möglicherweise Fehler im Konzept des Landwirtschaftspraktikums aufdecken, aber davor dürfen wir Pädagogen nicht zurückschrecken, sondern mir müssen uns mit den Schülern auseinandersetzen und nach Lösungsmöglichkeiten suchen, und vor allen Dingen, den / die SchülerInnen in ihrer Wahrnehmung Ernst nehmen.

Auch Lehrer machen Fehler. Sie könnten zumindestens einräumen, in diesem Fall, sich vorab nicht gut genug informiert, und eventuell die Situation vor Ort falsch eingeschätzt zu haben.

Wenn man den Ausführungen im Artikel Glauben schenkt, dann hat der Schüler Anerkennung verdient, sich durch eine derartig belastende Zeit zu quälen.
Als Elternteil hätte ich allerdings erwogen, in Absprache mit ihm das Praktikum vorzeitig zu beenden und den Jugendlichen abgeholt.

Ich wünsche Christian Wittrahm, dass er sich inzwischen von den Strapazen erholt hat und wieder guten Mutes ist, und da wo er jetzt ist, seinen Vorstellungen gemäß leben kann.

Und Dank an die Redaktion, die dem Schüler ein Forum geboten hat.

Mit herzlichen Grüßen
Barbara Birkemeyer