Plädoyer für tiefreundliche Schulranzen

Marija Dobrovolska-Stoian

Sehr geehrte Erziehungskunst-Redaktion,

als ich das neueste EK-Heft aufschlug und mir der Versandkatalog vom Waldorfshop in die Hände fiel, beschloss ich, Ihnen einen Leserbrief zu schreiben. Es handelt sich um ein Thema, das mich schon länger beschäftigt: umweltbewusster, nachhaltiger Konsum. Schmunzeln Sie nicht, ich gehöre nicht zu den Horden wildgewordener Veganer, die in der Öffentlichkeit hysterisch gegen jegliche Verwendung von Tierprodukten aller Art aufrufen. Ich sündige auch hin und wieder mit einem Demeter-Eis und trage außerdem Lederschuhe. Und doch finde ich, dass es bestimmte Bereiche gibt, in denen es sich lohnen würde nachzudenken, ob es nicht vielleicht doch eine geeignete Alternative gibt. Das 21. Jahrhundert hat da einiges zu bieten und warum sich nicht der Alternativen bedienen?

Auf dem Titelbild des Waldorfshop-Katalogs sieht man Kinder, die glückselig Schulranzen aus Naturleder umschlingen. Wäre an dieser Stelle nicht eher ein Bild angebracht, auf dem Kinder glückselig Kälbchen umarmen und darunter steht »Wir verzichten auf Schulranzen aus Rindsleder! Wir lieben Tiere!« oder etwas in der Art. Man mag ja argumentieren, dass es durchaus Dinge gibt, die man seit jeher aus Leder fertigt und die in dieser Form am bequemsten sind, Schuhe beispielsweise. Aber Schulranzen?! Wer schon einmal einen solchen Ranzen in der Hand gehabt hat, weiß, wie schwer er ist. Muss man Kinderrücken das zusätzliche Gewicht zumuten? Könnte man womöglich auf eine tierfreundliche Alternative ausweichen? Es müssen nicht immer die grässlich bunten, aber, wohlgemerkt, im Verkehr gut sichtbaren scout-Schulranzen sein. Mittlerweile gibt es zahlreiche Anbieter von Taschen, Ranzen oder anderen Accessoires (unter Anderem auch Schuhen!), die aus »veganem Leder« gefertigt sind, dem Naturleder täuschend ähnlich aussehen, aber kein Tierleid beinhalten. Hierzu bietet das Portal des Vegetarierbundes, www.vebu.de, umfangreiche Informationen zu tierfreundlichem Konsum, Links zu ausgewälten Shops und vieles mehr!

Waldorfeltern wollen für ihre Kinder das Beste. Wären Sie nicht bereit einen tierfreundlichen Schulranzen für ihren Sprössling zu kaufen, statt ihn ein totes Kälbchen mit sich schleppen zu lassen? Wir leben in einer Zeit, wo viele Traditionen hinterfragt werden müssen und man sich immer wieder fragen muss: Kann ich das wirklich verantworten? Da frage ich Sie also an dieser Stelle: Könnten Sie mit Ihrem Konsum dazu beitragen, dass weniger Tiere sterben müssen? Vielleicht? Teilweise? Ein wenig?..


Mit herzlichen Grüßen

Marija Dobrovolska-Stoian, angehende Waldorflehrerin, Erlangen