Rudolf Steiner meldet sich zu Wort

Martin Schwender

Ist es möglich, dass Rudolf Steiner sich zu Wort meldet, um seine Haltung zu einer kontrovers diskutierten Frage kundzutun? Ja, das ist möglich. In der Erziehungskunst vom September hat Herr Maurer in seinem Leitartikel die These vertreten, in der Waldorfpädagogik gehe es um Anderes als um abfragbares Wissen.

Auf diese Haltung antwortete Rudolf Steiner in der Lehrerkonferenz vom 28.04.1922
(GA 300).

Ein Lehrer bemerkt:

»Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob die Waldorfschule das genügende Wissensmaterial liefert. Viele finden, die Schüler der 9. Klasse wissen nicht genug.
Dr. Steiner: Die Frage ist gelöst. Wie die Schule begründet worden ist, habe ich ein Memorandum ausgearbeitet, worin gesagt worden ist, dass wir vollständig freie Hand haben zwischen dem Schuleintritt und der absolvierten 3. Klasse, dass die Kinder in jede andere 4. Klasse eintreten können. Wiederum mit zwölf Jahren so; das können wir bis zum achtzehnten Jahr fortsetzen.

Die Frage ist gelöst. Es würde sich nun darum handeln, dass wir das nicht nur sagen, sondern dass wir mit möglichster Ökonomie wirklich dieses Lehrziel erreichen. Man kann die Lehrziele auf ganz anderen Wegen erreichen. Aber man kann das Kind tatsächlich dahin bringen, dass es auch bei uns wirklich diesen Reifegrad erreicht. Lassen Sie ein Kind, das in der Obersekunda ist, prüfen über das, was es weiß aus der Geschichte, und rechnen Sie ab alles dasjenige, was es vergessen hat. Sie werden finden, dass bei uns ein Kind in diesem Alter dasselbe wissen kann. Natürlich wird bei uns nicht alles erreicht, weil manchmal die Lehrer zu wenig in der Lage sind, sich vorzubereiten. Es müsste der Unterricht noch sorgfältiger durchgearbeitet werden, dann könnten wir mit ruhigem Gewissen das Zeugnis ausstellen.«

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Martin Schwender, Klassenlehrer und Schulführungsmitglied der Waldorfschule Werder