Schönfärberei

Reinhold Metz

Als regelmäßiger Leser der »Erziehungskunst« war ich enttäuscht über diesen Artikel. Die dort abgedruckten Aussagen zu den Stockmar Wachsmalfarben grenzen an Verschleierung. Fakt ist, dass Stockmar Wachsmalfarben nur einen geringen Anteil (10%) Bienenwachs enthalten, dafür aber über 50 Prozent billige Paraffine, also Erdölwachse (vgl. ÖKO-TEST Kinder 2/2012). Das Produkt enthält herkömmliches Stearin, ein Wachs, das aus Palmöl hergestellt wird und mit dafür verantwortlich ist, dass große Flächen Urwälder vernichtet werden – es sei denn, es wird in Ökoqualität eingesetzt. Die farbgebenden Stoffe, die Farbpigmente der Wachsmalfarben sind ebenfalls synthetisch-organischen Ursprungs, das heißt, aus Erdöl hergestellt. Ihre toxikologische Wirkung wird mittels Tierversuchen getestet. Wirft man einen Blick auf die Verpackung, fragt man sich, wie rückschrittlich ein Unternehmen sein muss, wenn es heutzutage sein Produkt größten Teils immer noch in hochglanzbedruckten Blechschachteln verkauft, wo es inzwischen weit umweltfreundliche Alternativen gibt. Mir ist die Frage, warum sich ein Unternehmen (Neuguss), das so hohe Firmenideale vertritt, im Detail so wenig um den sich ebenfalls aus der Sozialen Dreigliederung notwendig ergebenden Gedanken der Ökologie kümmert. Bei einem Produkt für den Waldorfbereich geht es mir also darum, den »Ökologiegehalt« desselben zu hinterfragen und nicht, ob es aus konventioneller Sicht bedenklich ist oder nicht. Derartige Produkte müssen ohnehin immer den einschlägigen Normen und Vorschriften entsprechen.

Wie können sich also die vielen Waldorflehrer, Waldorfschüler und Waldorfeltern in blindem Vertrauen die Realität eines täglich eingesetzten Unterrichtswerkzeuges in der heutigen Zeit noch durch solch ein Interview schönreden lassen, wo man in anderen Bereichen bewusster Lebensführung (z.B. Ernährung, Kosmetik) schon sehr viel kritischer auf die Einhaltung umweltrelevanter Aspekte achtet?

Mögen die Stockmar Wachsmalfarben vor 60 Jahren ein gutes Produkt gewesen sein, so sind sie es heute schon deshalb nicht mehr, weil seither in Richtung »Öko«, »Nachhaltigkeit« und »Fairtrade« genauso wie in der Gestaltung der Form keinerlei Entwicklung stattgefunden hat.

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