Nicht auf der gewohnten Höhe: Jugendsymposion Kassel Ästhetik

Valentin Hacken

Das Jugendsymposion hat sich mittlerweile nicht nur unter Waldorfschülern etabliert, sondern auch in Kassel selbst. Knapp 250 Waldorfschüler waren angereist, mit einem weiblichen Überhang von fast zwei Dritteln. Erneut wurde eine Kooperation mit dem Staatstheater Kassel möglich.

Operndirektorin Ursula Benzing erläuterte die Inszenierung von Mozarts »Zauberflöte«, deren Generalprobe für die Teilnehmer zu sehen war. Es war dann auch die Musik, mit der die eindrücklichste Annäherung an das Thema Ästhetik gelang. Der Komponist Benedikt Burghardt erarbeitete sich zum Beispiel mit dem jungen Plenum einen Zugang zu einem Klavierstück von Arnold Schönberg, spielte es immer wieder, ließ einzelne Teile singen und summen und forderte: »Lauschen Sie, statt nur verstehen zu wollen.«

Im Reich der Begriffe stellten die Professoren Ernst Lantermann (Wahrnehmungspsychologie, Kassel), Lambert Wiesing (Wahrnehmungsphilosophie, Jena) und Jost Schieren (Ästhetisches Erkennen, Alfter) ihre Theorien dem Plenum dar – eine kompakte, vielleicht nicht immer verdauliche Kost.

Die Nachtcafés bieten die Gelegenheit, dass sich die Teilnehmer nach langen Tagen voller interessanter Beiträge über das Gehörte und Erlebte austauschen, es bewerten und einordnen. Doch diesen Winter herrschte eine gewisse Sprachlosigkeit. Ein Zugriff, der über die Bandbreite des Ästhetikunterrichts an den Schulen hinausging, war selten auszumachen. Das lag weniger an dem Unvermögen der Teilnehmer als an dem der Referenten. Zwar lieferte Pieter van der Ree von der Alanus-Hochschule eine passable Zusammenfassung des Abiturstoffs im Bereich Architektur, wie sich auch die Prorektorin Susanne Schröer-Trambowsky von der Fachhochschule Kunst in Arnstadt redlich Mühe mit Beuys gab – ihrem eigentlichen Thema wurden aber beide nicht gerecht. Die Plenarvorträge waren in diesem Winter nicht auf der gewohnten Höhe. Doch das Jugendsymposion ist glücklicherweise nicht nur Vortragsbühne, sondern auch Gesprächs­werkstatt: Es waren auch dieses Jahr begeisterte Berichte aus den Arbeitsgruppen zu hören.

»Kassel ist ein Lichtblick« – die außerordentlichen und dringend gebrauchten Qualitäten dieses Symposions für junge Denker sind immer wieder hervorgehoben worden. Den Veranstaltern muss man Hochachtung für ihre Arbeit zollen. Damit verbunden ist allerdings die Erwartung, dass mit dem kommenden Symposion zum Thema »Kulturen«, das vom 7. bis 10. Juni 2012 stattfinden wird, Form und Inhalt wieder zueinander finden. Eine Erwartung, die berechtigt erscheint, denn es konnte der amerikanische Physiker Arthur Zajonc gewonnen werden, wie auch die parallel statt­findende documenta (13) für Höhepunkte sorgen wird.