Digitale Selbstverteidigung

Uwe Buermann

Dass das Internet und vor allem die so beliebten Smartphones flächendeckend nicht nur von Geheimdiensten, sondern vor allem von großen und kleinen Firmen zur konsequenten Überwachung der Nutzer missbraucht werden, ist hinlänglich bekannt. Nicht nur zahlreiche Berichte in den Medien, sondern auch Anbieter wie Google, Facebook, Amazon, Apple, Ebay und Co. machen ja keinen Hehl daraus. Wer die jeweiligen Nutzungsbedingungen liest, weiß, dass das eigentliche Ziel dieser Firmen die Überwachung und Analyse der Nutzer zu Marktzwecken ist – mit allen sich daraus ergebenden Möglichkeiten der Manipulation.

Wie die Tagesschau im August 2014 berichtete, gibt es eine zunehmende Anzahl von Nutzern, die angesichts der digitalen Entwicklungen ihr Verhalten ändern, die Teilnahme an sozialen Netzwerken mittlerweile verweigern und keine vertraulichen Inhalte mehr über das Netz versenden. Aber es gibt eben auch noch die Millionen Anderen, die zwar vielleicht Bedenken haben, aber in ihrem alltäglichen Handeln weiterhin bedenkenlos ihr Smartphone 24 Stunden in Betrieb haben und alle erdenklichen Apps und Angebote nutzen. Viele von ihnen beruhigen sich selber immer noch mit Aussagen wie: »Die können doch gar nicht wirklich alle permanent überwachen«, oder »Wer interessiert sich schon für mich und außerdem habe ich ja nichts zu verbergen.« All jenen sei zum Beispiel der Artikel über das »unschuldige Smartphone« auf dem Online-Portal »Netzpolitik« empfohlen (siehe Hinweise).

Denn wenn wir, und vor allem unsere Kinder, mit den Konsequenzen konfrontiert werden (schlechtere Versicherungsbedingungen, keine Wohnung in entsprechenden Wohnvierteln, kein adäquater Arbeitsplatz …), dann wird keiner von uns sagen können: »Das habe ich nicht gewusst. Aber wir leben nun mal im Internetzeitalter und das ist doch auch alles praktisch und wir können uns doch nicht total verweigern, schließlich machen alle anderen mit.« Ja, da ist durchaus was dran, aber zunächst einmal ist dies das klassische Argument aller Mitläufer. Es ist ja nicht so, dass wir nichts tun könnten, ohne gleich zum Außenseiter zu werden. Jeder von uns steht täglich vor der Frage, welchen Weg er geht. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder den bequemen Weg der sorglosen Mitläufer, dessen Preis die absolute Aufgabe der Privatsphäre ist, oder den ohne Frage unbequemen Weg derer, die um Reste ihrer Privatsphäre und Selbstbestimmung kämpfen. Niemandem kann man diese Entscheidung abnehmen.

Wer seine Privatsphäre ganz retten will, dem bleibt tatsächlich nichts anderes übrig, als in den Dschungel auszuwandern und auf jedwede Mediennutzung zu verzichten. Denn auch wer soziale Netzwerke selber vermeidet, auf Smartphones verzichtet und seine E-Mails verschlüsselt, muss davon ausgehen, dass permanent andere Menschen aus seinem Umfeld Informationen über ihn in die Datennetze der Welt einspeisen.

Hier ein paar konkrete Tipps, was jeder von uns tun kann, wenn er die digitale Selbstverteidigung betreiben will:

• Gelebte Vielfalt: Wenn es nach den Unternehmen wie Google, Apple, Facebook und Microsoft geht, soll alles aus einer Hand und über die entsprechende Cloud praktisch miteinander verbunden sein. Damit erhält der jeweilige Konzern sämtliche Informationen über den jeweiligen Nutzer. Wir sollten unsere Informationen verteilen, das heißt, wer Zuhause einen PC benutzt, sollte als Mobilgerät ein iPhone oder iPad benutzen und umgekehrt. Die Verwendung von Cloudsystemen ist grundsätzlich zu vermeiden.

Ähnliches gilt bei der Nutzung des PCs. Nutzen sie mehrere Browser! Wann immer Sie ein Google-Angebot nutzen (Suchmaschine, google-maps, youtube), verwenden sie den Google-Browser Chrome, aber für alles andere mindestens einen anderen Browser, wie zum Beispiel Firefox.

Wenn Sie meinen, Facebook nutzen zu müssen, öffnen sie niemals andere Tabs, sondern immer parallel einen anderen Browser für andere Internetaktivitäten.

• Nutzen Sie Möglichkeiten: Machen sie sich mit den Einstellungen ihrer Browser vertraut. Es gibt »Private Fenster« (Firefox), »Inkognito-Fenster« (Google Chrome) oder »InPrivate-Browsen« (Internet Explorer), die die Weitergabe ihrer Daten an Dritte verhindern. Des Weiteren können für die verschiedenen Browser Add-ons heruntergeladen werden, wie zum Beispiel No-Skript, wodurch in Webseiten platzierte Javaskripte blockiert werden.

• Immer erst lesen: Bevor sie eine App erwerben und herunterladen, lesen sie im »App-Store« oder im »google-Playstore« nach, welche Rechte die jeweilige App hat und wägen sie genau ab, ob sie dem wirklich zustimmen wollen. Die Verwendung von Whats-App und der Facebook-App verbietet sich. Nutzen sie Alternativen wie »Threema«. Wenn Sie Facebook nutzen, dann immer nur über den Browser.

• Führen sie ein U-Bootleben: Nutzen sie mehrere Geräte und schalten sie diese jeweils auch immer mal wieder aus, so dass sie zumindest phasenweise unsichtbar werden für die hungrigen Datensammler. Noch gibt es Navis ohne Internetanbindung, also besorgen sie sich ein solches und schalten während der Autofahrten das Smartphone komplett aus, nicht nur auf Standby.

Besorgen sie sich zusätzlich ein klassisches Handy, ohne Internetanschluss, damit sie im Notfall erreichbar sind. Wann immer sie ein netztaugliches Gerät nicht aktiv nutzen, schalten sie es aus.

• Verteilen sie ihre Daten: Private Daten, wie die eigene Foto- und Videosammlung, die eigene Musiksammlung und jedwede private Dokumente sollten sich nicht auf einem Gerät befinden, das mit dem Internet verbunden ist. Nutzen sie entweder einen zweiten Rechner, oder eine externe Festplatte, die sie nur anschließen, wenn keine Internetver­bindung besteht.

• Vermeiden Sie Funknetze: Nicht nur aus gesundheitlichen, sondern auch aus Datenschutzgründen sollten sie vor allem zu Hause auf WLAN verzichten, noch gibt es Alternativen wie D-Link und anderes.

Alle hier genannten Tipps können von jedem umgesetzt werden. Natürlich wird das Leben dann ein bisschen mühsamer und vor allem sind wir immer wieder genötigt, bewusst zu handeln, aber genau darum geht es. Viele weitere konkrete Tipps finden sie in dem Buch »Mich kriegt ihr nicht« und im Netz zum Beispiel beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.

Zum Autor: Uwe Buermann, Jahrgang 1968. Dozent an verschiedenen Lehrerseminaren (Kiel, Hamburg, Kassel, Alanus Hochschule), freier Vortragsredner und Autor. Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei IPSUM. Zuletzt erschienen »Aufrecht durch die Medien« im Flensburger Hefte Verlag.

Links/Literatur:

http://www.tagesschau.de/wirtschaft/cyberkriminalitaet-101.html

https://netzpolitik.org/2014/metadaten-wie-dein-unschuldiges-smartphone-fast-dein-ganzes-leben-an-den-geheimdienst-uebermittelt/

Steffan Heuer, Pernille Tranberg: Mich kriegt ihr nicht! Die wichtigsten Schritte zur digitalen Selbstverteidigung, Hamburg 2013

https://www.bsi-fuer-buerger.de/BSIFB/DE/MeinPC/meinPC_node.html