Liebe Leserin, lieber Leser,
echte Freunde sind nicht angenehm. Freundschaft heißt nicht Friede, Freude, Eierkuchen. Ein Freund ist mir ein verlässliches Gegenüber, das einem gelegentlich auch die ungeschminkte Wahrheit sagt. Ein Freund steht zu mir – in guten wie in schlechten Zeiten. Und er hilft – immer und selbstlos.
Die »Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners« hatten vor 40 Jahren dieses Gründungsmotiv. Bis heute sorgen sie, ohne davon einen Vorteil zu haben, für das Gedeihen der Waldorfschulbewegung weltweit. Diese Hilfe reicht von den Freiwilligendiensten, ohne die die soziale Infrastruktur in Deutschland zusammenbrechen würde, dem Aufbau kleinster Waldorfinitiativen in einem afrikanischen Dorf, bis zu notfallpädagogischen Einsätzen in Kriegs- und Krisengebieten in Gaza oder Chengdu. Ihr Einsatz für ein freies Schulwesen ist nicht immer ungefährlich. Hier begegnen sich Pädagogik und Politik, die oft in einem unlösbaren Spannungsverhältnis zueinander stehen.
Ein weiteres Motiv, dem sich die »Freunde« verpflichtet fühlen: 1921 äußerte Rudolf Steiner die Idee, einen Weltschulverein »auf internationalem Boden« zu begründen: »Ich bin überzeugt davon«, sagte Steiner in Den Haag, »dass die wichtigste Angelegenheit für die soziale Menschheitsentwicklung die Begründung eines solchen Vereins ist, der in den weitesten Kreisen den Sinn für reales, konkretes, freies Geistesleben erweckt. Wenn solche Stimmung über die Welt existieren wird, dann wird man nicht Waldorfschulen als Winkelschulen errichten müssen, die von Staatsgnaden bestehen, sondern dann werden die Staaten gezwungen sein, da, wo freies Geistesleben wirklich Schulen gründet, aus ihren eigenen Bedingungen heraus diese Schulen voll anzuerkennen, ohne von staatlicher Seite aus irgendwie hineinzureden.«
Das hat nichts mit Waldorf-Kulturimperalismus zu tun, sondern gilt für alle Menschen, die einen »Sinn« für die soziale Notwendigkeit eines freien Schulwesens und seiner weltweiten Vernetzung haben. Darin liegt der Zukunftsauftrag der »Freunde«.
Wir hoffen, diese Arbeit unterstützen zu können: Diese Spezial-Ausgabe der erziehungskunst erscheint online erstmals auch in englischer und spanischer Sprache.
Mathias Maurer