Reise nach Kaliningrad

Ekaterina Koneva

Die Region wird als »Kleines Russland« bezeichnet, denn sie liegt als Exklave über 1.000 Kilometer vom »großen« Russland entfernt. Knapp eine Million Einwohner leben in der Region. Die Reise war eine neue Erfahrung für die Heidelberger Schüler: Einige von ihnen hatten bereits die Möglichkeit, Russland zu besuchen, berichteten aber, dass der Besuch von Kaliningrad einen anderen Charakter hatte. Die dort lebenden Menschen kommen von überall her: aus verschiedenen Teilen Russlands, aus Kasachstan, Armenien und anderen ehemaligen sowjetischen Teilrepubliken. Man kann von Deutschland aus nach Kaliningrad mit dem Bus reisen. Viele Kaliningrader sagen, dass es für sie einfacher sei, andere Länder zu erreichen, als das »große« Russland.

Kaliningrad wirkt sehr europäisch. Was nicht verwunderlich ist, denn es ist das ehemalige ostpreußische Königsberg, das nach dem Zweiten Weltkrieg russisch wurde. Die Stadt wurde fast komplett zerstört, doch es gibt noch einige wenige Orte, die an das alte Königsberg erinnern. Zum Beispiel das Bernsteinmuseum.

In der Stadt Polessk, rund 50 Kilometer von Kaliningrad entfernt, wurde ein Schulmuseum Namens »Waldwinkel« eröffnet, das wir ebenfalls besuchten. Dort kann man noch eine alte ostpreußische Schule besichtigen und sich ausführlich über das damalige Bildungssystem informieren. Zu sehen sind viele Erinnerungsstücke und Fotos ehemaliger Schüler, eine reichhaltige Sammlung von Dokumenten in deutscher und russischer Sprache.

Die Kaliningrader Oblast ist für ihre Bernsteinförderung und -verarbeitung bekannt. Überall Bernstein, in zahllosen Souvenirläden, auf Tassen, Löffeln, Schmuck, Stiften, sogar Ikonen. Bei Jantarny an der Ostseeküste gingen wir auf Bernsteinsuche und haben tatsächlich auch welchen gefunden. Die Heidelberger Schüler lebten während ihres Besuchs im Hansa-Schiff-Lyzeum in russischen Familien.

Russische und deutsche Schüler arbeiteten in Zweiergruppen an einem Projekt, das darin bestand, Fragen in drei Sprachen (Russisch, Englisch und Deutsch) zu erarbeiten und diese in entsprechende Piktogramme umzusetzen. Piktogramme helfen, Informationen durch vereinfachte graphische Darstellung zu vermitteln. Die fertigen Piktogramme wurden später auf Sweatshirts gedruckt, die am Ende des Aufenthalts an die Schüler verteilt wurden. Die Schüler führten zusätzlich verschiedene kleine Projekte in der Schule und im Kindergarten durch. Es wurden Lavendelsäckchen und Armbänder angefertigt, Lieder aus der eigenen Heimat gesungen und Geschichten in drei Sprachen erzählt.

Um in die russische Sprache intensiver einzutauchen, schrieben die Schüler Tagebuch auf Russisch, was sie dazu bewegte, nach unbekannten Wörtern zu forschen und mit ihren Austauschschülern noch mehr zu kommunizieren.

Am Weltklimaschutztag gab es eine Müllsammelaktion, die an der Kurischen Nehrung durchgeführt wurde. Gemeinsam wurde der Strand und die Umgebung von Müll befreit, anschließend die wunderschönen Dünen der Kurischen Nehrung bewundert, die von der UNESCO zum Weltkultur­erbe erklärt wurden.

Unser Aufenthalt in Kaliningrad fand in der gleichen Zeit statt wie das trilaterale Lehrerseminar, an dem Lehrer aus Russland, Deutschland und Polen teilnahmen; dort präsentierten die Schüler verschiedene Lieder auf Russisch, Deutsch und Englisch. Geprobt wurde überall: im Bus, in der Schule, zu Hause. Bei dem russischen Lied »Katjuscha« sangen alle bewegt mit.

Der zehntägige Aufenthalt war intensiv und erlebnisreich. Einige deutsche Schüler äußerten den Wunsch, ihren Familien diesen schönen, gar nicht so fernen Ort einmal zeigen zu können. Dadurch, dass sie dort neue Freunde gefunden haben, ist Kaliningrad noch ein Stück näher gerückt. Im Juni findet ein Gegenbesuch der russischen Schüler in Heidelberg statt, bei dem wir ein gemeinsames Musikprojekt durchführen werden.

Der Austausch wurde von der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch unterstützt. Webseite: https://www.stiftung-drja.de

Zur Autorin: Ekaterina Koneva ist Russisch- und Englischlehrerin an der Freien Waldorfschule in Heidelberg.