Adoptivkinder sind die besten Erzieher

Eberhard Reich

Schon hier wird ersichtlich, wie einfühlsam und sachkundig die erfahrene Psychotherapeutin und Heilpädagogin über die Adoption schreibt. So schildert sie etwa das Bedürfnis der Adoptiveltern, besser zu sein als die eigenen Eltern, also negative Primärerfahrungen zu kompensieren.

In den weiteren Kapiteln geht es um das Adoptivkind selbst und die vielfältigen Aspekte im Leben einer Adoptivfamilie. Die Autorin schildert Ansätze und Möglichkeiten des gelingenden Umganges mit Adoptivkindern. Lutz plädiert für eine realistische Erziehungshaltung. Selbst unendliche Liebe kann nicht alle negativen Erfahrungen bei einem Adoptivkind verhindern. Konflikte müssen durchgetragen werden und die Adoptivkinder brauchen wie andere Kinder Grenzen.

Im abschließenden fünften Kapitel über die therapeutische Arbeit wird der tiefenpsychologische Ansatz von C.G. Jung deutlich, auf dem die therapeutische Arbeit von Lutz beruht.

Das Buch informiert ausführlich und kompetent über das Thema Adoptivkinder – es erfüllt die Ansprüche an ein derartiges Handbuch. Adoptivkinder finden sich in vielen Klassen. Jeder Lehrer muss darauf gefasst sein, mit diesen Kindern und ihren Eltern zu tun zu haben. Manchmal sind die Kinder so aggressiv, dass eine Therapie unumgänglich wird. Bei der Lektüre des Buches wird deutlich, warum es oft lange dauert, bis eine Therapie »wirkt« – länger, als es Lehrer und Schulen erhoffen.

Der Leser bekommt wichtige Informationen über die Hintergründe dieses Verhaltens und den Umgang damit. Hilfreich sind positive Gedanken und Gefühle – sie sind wesentliche und wirkende Kräfte, wie Lutz schreibt. Das ist ein wichtiger Hinweis für das Vorgehen in pädagogischen Konferenzen und auf die Bedeutung von Kinderbesprechungen. Darüber hinaus gleichen Adoptivfamilien häufig den modernen Patchworkfamilien, in denen Rivalität und Eifersucht eine Rolle spielen.

Etliche Erklärungen und Hinweise zum Umgang mit Adoptivkindern lassen sich daher auf andere Kinder übertragen. Nicht zuletzt lässt sich aus dem Umgang mit diesen Kindern allgemein etwas lernen. Denn, wie Lutz in ihrem Schlusswort schreibt: »Adoptivkinder sind die besten Erzieher ihrer Eltern und ihrer Umwelt«.          

Christiane Lutz: Adoptivkinder fordern uns heraus. Handbuch für Beratung, Betreuung und Therapie, kart., 162 S., EUR 22,95, Klett-Cotta, Stuttgart 2014