Beziehung, Anerkennung, Konfrontation

Helmut Fiedler

Was motiviert uns, zu erziehen? Der Autor, Regisseur und Waldorfklassenlehrer Kilian Hattstein-Blumenthal untersucht in seinem Buch drei mögliche Motivationen: Kommunikation (Beziehung), Liebe (Anerkennung) und Krieg (Konfrontation).

Schulzeugnisse stellen eine Form der Kommunikation dar, allerdings eine einseitige. Sie sind Kommunikation von oben nach unten und enthalten damit stets eine Beurteilungsanmaßung. Ursprünglich hatte Steiner gar keine Zeugnisse an der Waldorfschule gewollt, da sie die »moralische Atmosphäre« des Lernens vergifteten. Vor diesem Hintergrund beschreibt der Autor eine interessante Alternative zu den üblichen Textzeugnissen: Ein Jahresgespräch, dessen Protokoll den Eltern als eine Art Ersatz für ein Zeugnis am Schuljahresende übergeben wird. Das Jahresgespräch wird mit einer klaren zeitlichen sowie inhaltlichen Struktur geführt und wurde bisher erfolgreich in den Klassen 5 und 6 angewendet.

Eine wichtige pädagogische Motivation ist, die Kinder zur Bejahung der Welt zu führen. Diese Weltbejahung kann durch Sympathie zur Welt aufgebaut werden. Der Mensch kann durch Liebe und Anerkennung eine Verbindung mit einer Sache oder einer Person eingehen, so dass er sich mit ihr identifiziert. Im Theaterspiel lassen sich Identifikation und Phantasie üben. Das Theater ist der Bereich, wo im Spiel andere Welten erlebt werden können und wo ein Gefühl von Freiheit entwickelt werden kann.

Entwicklung und Streit sind Geschwister. Sie ermöglichen erst das Werden des Menschen. Aggressivität und das Bedürfnis nach Konkurrenz ist ein großer Motivator für die Entwicklung. Im Kampf entwickelt der Mensch große Kräfte. Daher ist es ungünstig, dass Aggressivität heute geächtet und verpönt ist; eine wichtige Motivation für Erziehung ist so nicht nutzbar. An Waldorfschulen wird versucht, diesen Motivator mithilfe von Olympischen Spielen zu schulen und zu entwickeln. Die Kinder können dabei eine Idee davon bekommen, wie Regeln so gestaltet werden können, dass Konkurrenz nicht zerstörerisch, sondern als Motivator wirkt.

In einem abschließenden Kapitel widmet sich der Autor den Voraussetzungen und Grundhaltungen der Erziehung im 21. Jahrhundert: Entscheidend sind seiner Auffassung nach freundliche Distanz, Trennung von Schule und Staat, Fremd- und Selbsteinschätzungen statt Noten und nicht zuletzt soziale Phantasie. – Das Buch enthält interessante Ansätze, um die eigenen Motivationen zur Erziehung zu reflektieren.

Kilian Hattstein-Blumenthal: Liebe, Krieg und Kommunikation: Motivationen zur Erziehung, brosch., 205 S., EUR 18,90, Futurum Verlag, Basel 2012