Ich schraube, also bin ich

Andreas Neider

Das vorliegende Buch ist ein bemerkenswertes Plädoyer gegen den Primat intellektueller Bildung. Matthew B. Crawford war wie viele der Meinung, ein Hochschulstudium öffne den Weg zu einer gehobenen intellektuellen Laufbahn. Er wurde eines Besseren belehrt und fand letztlich Erfüllung, indem er eine Motorradwerkstatt eröffnete.

Der deutsche Titel des amerikanischen New-York-Times-Bestsellers gibt wieder, worum es Crawford geht: das heutige Ideal von Bildung in Frage zu stellen und sich stattdessen auf die Ausbildung handwerklicher Fähigkeiten zurückzubesinnen.

Crawford beginnt mit der Feststellung: »Das Verschwinden von Werkzeugen aus unserem Schulunterricht ist der erste Schritt auf dem Weg zur Unkenntnis der gegenständlichen Welt, in der wir leben.« Er stellt sich gegen die Illusion »einer Zukunft, in der wir irgendwie die materielle Wirklichkeit hinter uns lassen und in eine reine Informationsökonomie hinübergleiten.« Der scheinbaren totalen Beherrschbarkeit der Welt durch intellektuelles Wissen stellt er die Bescheidenheit und Demut des Mechanikers vor den Tücken des Werkstattalltags gegenüber. Sein eigentliches Plädoyer gilt der mechanischen Tätigkeit, die nicht auf Kreativität, sondern auf der Förderung von Aufmerksamkeit beruht. Einen Hammer lerne ich nicht erkennen, indem ich ihn anstarre, sondern, indem ich ihn in die Hand nehme, mich also nicht von ihm distanziere, sondern, mich mit ihm verbinde.

An zahllosen Beispielen macht er deutlich, wie unsere heutigen Bildungspläne immer mehr Wert auf theoretisches Wissen legen. Damit distanzieren wir die Schüler von der Wirklichkeit, statt sie durch die Ausbildung praktischer Fertigkeiten mit ihr zu verbinden.

Fazit: Reale handwerkliche Tätigkeit verlangt ein weitaus höheres Maß an Denkfähigkeit als die heutigen Hochschulabschlüsse es suggerieren. Daher sollten praktische Ausbildungsgänge und Berufe nicht weiterhin zugunsten eines Hochschulabschlusses herabgesetzt werden: »Praktische Kenntnisse werden nur durch persönliche Erfahrung erworben«, schreibt Crawford. »Sie können nicht heruntergeladen, sondern nur erlebt werden.«

Matthew B. Crawford: Ich schraube, also bin ich. Vom Glück, etwas mit den eigenen Händen zu schaffen, Taschenbuch, 304 S., EUR 8,99, List Verlag, München 2011