Lebendige Geografie

Ulrich Kaiser

Mit beiden Bänden existiert jetzt ein wunderbar vielseitiger, exemplarischer, lebendig erzählter und gewissenhaft informierender Überblick über die Kulturgeographie der ganzen Erde.

Wirken die behandelten Themen und Motive auf den ersten Blick vielleicht wie nur locker nebeneinander gestellt, so zeigt sich die Gesamtdarstellung doch als systematisch durchdacht. Wie eine Reverenz vor Steiners didaktischen Anregungen nimmt sich Brakels Darstellung zu den Niagara-Fällen aus, wenn er ihren Ort nicht wie in einem beliebigen, orientierungslosen Raum darstellt, sondern zum Leserstandpunkt in Beziehung setzt und den konkreten Abstand, den Reiseweg dorthin akribisch schildert.

In der Beschränkung auf die Länder Costa Rica, Peru und Kanada liegt ein Kunstgriff, der eine schillernde Vielfalt an Wissenswertem und Erlebtem sichtbar macht. Küstenlandschaften, Regenwälder, Nebelwälder, Wüsten, Vulkane, hoch liegende Bergländer und weite Siedlungsgebiete treten nebeneinander. Wie von selbst ergeben sich belebende Kontraste: Ich erfahre Neues über die jedem Kind bekannten Meerschweinchen in ihrem Ursprungsland; daneben lese ich von der eigentümlichen Wirkung der Kokablätter, vom illegalen Kokain-Handel oder vom noch nicht lange zurück liegenden Terrorismus des »Leuchtenden Pfades«.

Mag sein, dass der Autor seine Empörung über die Förderung von Bitumen-Sanden in Kanada hinter der schlichten Sachinformation zurückhält. Diese Art der Ölgewinnung ist von deprimierend zerstörender Wirkung und würde die junge Leserschaft bedrücken. Wo es um den Anbau von Bananen in riesigen Plantagen mit seiner verheerenden Wirkung für das Ökosystem geht, verzichtet er auf jeden moralischen oder belehrenden Tonfall. Er schildert schlicht und frisch, wie es einige Bauern anders machen.

So wird dem jugendlichen Leser die Luft zum Atmen und die Lust zum Optimismus nicht genommen.

Das Buch, das für den Unterricht in der Mittelstufe als Begleitlektüre oder als eigenständige Informationsquelle alternativ zu jedem klassischen Schulbuch sehr zu empfehlen ist, wird durch eine Vielzahl von farbigen Abbildungen – meist eigene Fotos des Autors in minderer Druckqualität – zusätzlich belebt.

Johannes F. Brakel: Indios, Inka, Immigranten. Menschen, Länder und Kulturen in Mittel-, Süd- und Nordamerika, geb., 266 S., zahlreiche farbige Abbildungen, EUR 17,90 Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2014