Ratgeber Steiner

Johannes Roth

Wolfgang Gädeke hat nun eine Reihe solcher Erinnerungen unter einem ganz bestimmten Aspekt zusammengefasst: In welcher Weise Steiner Menschen, die mit persönlichen Anliegen zu ihm kamen oder im Rahmen der verschiedenen anthroposophischen Initiativen mit ihm zusammenarbeiteten, als Helfer und Berater zur Seite stand. Dabei geht es Gädeke um eine systematische Aufarbeitung von Steiners Rolle als »Seelsorger«. So lässt sich aus der persönlichen Zuwendung, aus intimen Gesprächen Allgemeingültiges ableiten, etwa bezogen auf den Umgang mit dem jeweils vorherrschenden Temperament. Wichtig ist Gädeke auch, dass Steiner entgegen dem verbreiteten Meinungsbild nicht prinzipiell freilassend war, sondern durchaus »energisch von sich aus in Schicksale eingegriffen hat«. Dies zeigt Gädeke am Beispiel Rudolf Meyers, der zum Gründerkreis der Christen­-gemeinschaft gehörte. Überhaupt stammt der Löwenanteil der Beispiele aus dem Werden der Christengemeinschaft, was der Studie einen etwas einseitigen Charakter gibt.

Naturgemäß geben die 20 Einzeldarstellungen Einblick in intime menschliche Verhältnisse und manche zwischenmenschliche Spannung, wobei sich da die Frage stellt, ob sie alle so ausgebreitet hätten werden müssen.

So bleibt zu hoffen, dass neben manchem, den die Neugierde lockt, sich viele Leser finden werden, die den hohen methodischen Wert des Buches erkennen und schätzen können, weil es Aufschluss darüber gibt, wie Steiner Menschen von ihrer Bestimmung aus sehen konnte, die ihnen oft selbst nicht bewusst war und wie er auf sie eingehen konnte.

 

Wolfgang Gädeke: Viel mehr als nur die Antwort auf meine Frage. Rudolf Steiner als Seelsorger, geb., 159 S., EUR 17,90 Urachhaus, Stuttgart 2016