Unser Kind hat Krebs

Ulrike Schmoller

Eine der betroffenen Mütter meint zu diesem Buch: »Ich hätte es [damals] vermutlich sofort verschlungen, um zu wissen: Wie sind die anderen damit fertig geworden? Wie geht das?«

Erfährt ein Kind die Diagnose Krebs, gerät das Familienleben erst einmal aus den Fugen und das ganze Umfeld wird erschüttert. Unzählige Fragen tauchen auf. Die Eltern schwanken zwischen Ohnmacht und dem Wunsch zu helfen, sorgen sich aber auch, etwas falsch zu machen. Die Anfälligkeit des Kindes für Infekte steigt und die Pflege verlangt ein Höchstmaß an Sensibilität und Sachverstand. Die Autoren vermitteln Fachwissen und erklären medizinisch-technische Ausdrücke, viel wichtiger ist ihnen aber eine ganzheitliche Sichtweise des Gesundungsprozesses. Daran, dass die Heilungsrate bei Krebs umso höher ist, je jünger das Kind ist, kann man ablesen, welche Bedeutung den Regenerationskräften zukommt. Diese zu stärken, ist der Ansatz der anthroposophischen Therapien, die die schulmedizinischen Verfahren ergänzen. Ein großer Teil des Buches ist der seelischen Betreuung gewidmet, zum einen durch professionelle Kunst- und Musiktherapie, aber auch durch die vielen alltäglichen Dinge, durch die die Eltern diese schwierige Zeit meistern können. Was sonst selbstverständlich war oder was bislang nie bewusst gegriffen wurde, wird in der neuen Situation plötzlich wichtig. Schöpferisch zu sein, statt Unterhaltungsmedien zu konsumieren, Musik und Fingerspiele, Vorlesen, Ernährung und Tischkultur, Gesellschaftsspiele und Basteleien – all das gibt dem Tag einen Rhythmus und kann je nach Bedarf eine wohl­tuende Ablenkung oder der Einstieg in ein tiefes Gespräch sein.

Das Buch enthält zahlreiche Erfahrungsberichte betroffener Familien, die ihre Geschichte erzählen. Dabei verschweigen sie ihre dunklen Tage nicht, sie sind aber alle in der Grundstimmung hoffnungsvoll oder rückblickend dankbar, welche Entwicklungschancen ihnen die Krankheit geboten hat, selbst in dem einen Fall, in dem das Mädchen gestorben ist. Dieses Buch kann für Betroffene zum Halt werden, denn es verhilft zu Überblick und Verständnis und erweitert den eigenen Blick, so dass sich die dunkle Ohnmacht lichtet. Es ist ein gutes Gefühl, aktiv zur Gesundung seines Kindes beitragen zu können. Und es ist tröstlich zu lesen, wie andere es geschafft haben. 

Annette Bopp, Genn Kameda: Unser Kind hat Krebs. Was können wir tun? 207 S., geb., m. Farbfotos, EUR 19,90,  Urachhaus, Stuttgart 2011