Die rote Blume ist mehr als ein Ratgeber für erfolgreiches soziales Handeln.
Die Autorinnen verwenden eine Darstellungsform, die sie seit Jahren auch in ihren Workshops praktizieren: Sie führen einen Dialog, einmal untereinander, dann mit dem Publikum. Dadurch entsteht eine Dichte, die immer wieder an den Ursprung der Dialogkunst bei Platon erinnert. Die ästhetische Praxis steht nicht nur im Untertitel des Buches, sie wird unmittelbar erfahren.
Die Autorinnen stellen sich in die sozialen Bezüge der Gegenwart, wie dies vor ihnen Joseph Beuys und andere getan haben. Ihr Arbeitsfeld ist die Stadt, das Land, es sind Gärten, Auen, Hinterhöfe, mehrspurige Straßen, Städte im Wandel, Steine, Blumen, schrumpelige Äpfel, vertrocknete Blätter – vor allem und immer wieder sind es: Bäume. Neben Beuys werden Goethe und Rudolf Steiner herangezogen, um die Verfeinerung der Wahrnehmung zu erfassen und durch spezifische Übungen zu verinnerlichen. Bei der Arbeit von Shelley Sacks und Hildegart Kurt geht es in eminenter Weise um die zarte Empirie, die für den Menschen der Schlüssel zur Mitwelt, zu Tier und Pflanze und zur »mehr-als-menschlichen Welt« (David Abram) ist.
Es werden Wirklichkeitsbezüge gesucht. Es geht um »die globale Bewegung eines demokratischen Lernens«, das den Menschen mit der zur Zeit über alle Maßen leidenden Erde verbindet. Ein zentrales Handwerkszeug ist dabei das Erdforum, eine mobile Form der Meditation im Alltag, die Menschengruppen in einem Erfahrungsaustausch zusammenführt und den Einzelnen mit sich selbst versöhnt, indem sie ihn in eine imaginative, weltzugewandte Stimmung versetzt. Fein und präzise werden im Buch die einzelnen Phasen dieser überall und ohne Aufwand realisierbaren Sozialkunst beschrieben.
Shelley Sacks/Hildegard Kurt: Die rote Blume. Ästhetische Praxis in Zeiten des Wandels, kart., 224 S., EUR 24,80, Drachen Verlag, Klein Jasedow 2013