Schule neu denken

Mathias Maurer

Er versuche, seinen Studenten beizubringen, die Lebenseinstellung ihrer Patienten unbedingt zu respektieren, auch wenn sie selbst ganz anders über manches denken würden.

»Wenn der Staat sagt, Ihr könnt zwar frei entscheiden, aber wehe Ihr entscheidet Euch gegen das Impfen, ist das doch ein Widerspruch und ein Übergriff zugleich«, so Maio – der persönlich das Impfen für eine vernünftige Sache hält.

Sozial Schwache würden sich die Tests nicht leisten können. Die Folgen der Corona-Maßnahmen treffen sie doppelt hart, wie kürzlich der Professor für Schulpädagogik an der Universität Augsburg Klaus Zierer in einer Meta-Studie feststellte, die internationale Daten auswertete. Sein Befund: Kinder und Jugendliche fallen in allen Bereichen ihrer Persönlichkeitsentfaltung, der psycho-sozialen Entwicklung, der körperlichen Gesundheit und der Lernleistung zurück – eine Folge der sozialen Isolation und zunehmenden Digitalisierung. Darüber hinaus haben sich, so Zierer, die schon vorher bestehenden Differenzen zwischen leistungsschwachen und leistungsstarken Schülern abhängig vom sozio-ökonomischen Hintergrund der Familien vergrößert – vor allem im Grundschulbereich. Sein Fazit: Es reicht nicht aus, einseitig virologisch zu argumentieren und Schule unter Pandemie-Bedingungen zu verwalten, es muss vielmehr ein pädagogischer Masterplan her, der die Schule neu denkt – eine Lehrplanreform, die die bestehenden Curricula neu gewichtet und entrümpelt. Es müssten individuelle Fördermaßnahmen eingeführt, die Elternkooperation gestärkt und elektronische Medien mit Augenmaß eingesetzt werden.

Die Corona-Krise stellt die ethischen Grundlagen unseres Gemeinwesens, unsere Freiheitsrechte und die Bildungsgerechtigkeit auf den Prüfstand. Es gilt, alle Kräfte zu mobilisieren, damit sich die gesellschaftlichen und pädagogischen Polarisierungen nicht noch weiter vertiefen. Der »Kampf gegen Corona« darf nicht dazu führen, dass die Verlierer noch mehr verlieren.