Schwein gehabt!

Lilith Schmidt-Gebhardt

Wildschweine vermehren sich viel zu schnell und richten Schaden in Feld und Flur an. Das wissen die Schüler auch, spätestens nachdem uns der Schulförster, Hermann Müller, eindrücklich und anschaulich das Wildschwein-Leben erläutert hat. Aber es geht bei diesem Projekt ja auch nicht um eine Hütte für wilde Schweine, sondern für zahme.

Die sechste Klasse machte sich Mitte Februar mit dem Bus auf den Weg nach Oberrieden, Bad Sooden-Allendorf (Hessen). Pünktlich bei Ankunft brach die Sonne durch den Nebel und ein herrlicher Arbeitstag stand bevor. Ein Flurstück, gelegen an einem Bachlauf, wurde für unser Hausschwein-Projekt in der »Wildnis« ausgewählt.

Die Wildschweinhütte wird nämlich nicht für Wildschweine gebaut, sondern für Hausschweine, die in Freilandhaltung ein saumäßig schönes Leben haben sollen. Wie wir gelernt haben, möchten Schweine eine Suhle anlegen, um ein Schlammbad gegen Parasiten und zu viel Sonne nehmen zu können. Danach schubbern sie sich gerne an einem Malbaum, auch der ist auf dem Grundstück vorhanden. Die Schweine dürfen das etwa 400 Quadratmeter große Stück mit ihrer Wurfscheibe umpflügen und spielen.

Die Schüler holten Fichtenstämme aus dem Wald. Diese hatte uns der Revierförster überlassen, obwohl gerade die Mangelware an diesem Standort sind. Ein Schulvater sägte die Fichten klein, es blieb aber immer noch ein etwa 800 Meter langer Weg, den die Kinder mit den Stämmen zu bewältigen hatten. Eine andere Gruppe sammelte Fichten­reisig, das in der Nachbarschaft angefallen war, in einen Hänger. Es war ein arbeitsamer Tag, der mit einem Essen in der Schule endete.

Respekt vor dem Tier

Die Idee zu dieser Hütte stammt ursprünglich aus der Waldorfschule Kassel, wo derartige Hütten im Forstpraktikum gebaut werden. Ende Februar besuchte uns die Mutter eines Schülers in der Schule. Sie hielt einen Vortrag über ein Eber-Projekt, das sie an der Universität Witzenhausen leitet. In diesem Vortrag ging es um die Haltungsbedingungen von Hausschweinen und Methoden, die sich Menschen ausgedacht haben, um möglichst kostengünstig Schweinefleisch anbieten zu können. Die studierte Veterinärmedizinerin ging dieses Thema sehr behutsam an und dennoch wurde jedem klar, dass unsere Schweine einen sehr außergewöhnlichen Platz erhalten werden. Die biologischen Betriebe bieten auch schon echte Alternativen, wie man auf ihren Bildern sehen konnte.

Unsere Schüler sind die Verbraucher von morgen, ihre Eltern erfahren hoffentlich viel über dieses Projekt und können ihr Einkaufsverhalten überdenken. Und, ja, diese Schweine werden geschlachtet und gegessen. Es wurde eine Rasse gewählt, die vom Aussterben bedroht ist, weil die Fleischeigenschaften erst in der Freilandhaltung richtig zur Geltung kommen. Es gibt mehrere Rassen, die das betrifft. Unser Traum ist es, eine eigene Küche an der Schule zu haben, in der die Schüler dann die Kette schließen könnten. Einen guten Metzgermeister haben wir schon gefunden. Wir müssen nicht selber schlachten. Wenn aus diesem Prozess Vegetarier hervor­gehen, so ist das ein begrüßenswertes Ergebnis des Umgangs mit den Fragen, die sich durch dieses Projekt entwickelt haben. Ganz obenan steht aber die Aus­einandersetzung mit einer Tierhaltung, die das Geschöpf Tier respektvoll behandelt und ihm vermeidbare Qualen erspart.

In diesem Projekt steckten unglaublich viele Lerninhalte, die durch die Vernetzung mit den Fachleuten aus Forst, Landwirtschaft und Universität sehr an Tiefe gewonnen haben.

Zur Autorin: Dipl. Ing. Agr. Liltih Schmidt-Gebhardt ist Klassenlehrerin an der Waldorfschule in Werra-Meißner und Mitglied in der AG Handlungspädagogik.