Was umfasst das eigene Selbst? Eigentlich das ganze Menschsein. Zumindest eine anfängliche Ahnung und Reflexion davon, wie ich fühle, denke und handle. – Das macht unser Selbst-Bewusstsein aus.
Selbstverwaltung ist der Erzfeind allen Funktionärwesens, routinierter und automatisierter Abläufe und hierarchischer Strukturen, die um ihrer selbst willen existieren. In einer menschenleeren Verwaltung hat der individuelle Mensch keinen
Platz. Sie orientiert sich immer an der Vergangenheit, an »alten« Erfahrungen und ist das Gegenteil von zukunftsorientierter Selbstentwicklung. Ist Selbst und Verwaltung nicht ein Paradox?
In einem sozialen Selbst lassen sich die einzelnen Selbste, die über sich walten, verwalten.
Das ist nur akzeptabel, wenn jedes Selbst die äußeren und inneren Kriterien einer übergeordneten Verwaltung, eines funktionierenden »Systems« kennt. Sonst wird es nie Verantwortung abgeben dürfen, wo sie ihm unfreiwillig oder aus Bequemlichkeit genommen wird. Jedes Selbst waltet autonom. Deshalb ist es ein Akt der freien Gemeinschaftsbildung: Der begründete Verzicht auf eigene Interessen zugunsten eines gemeinsamen Interesses oder Zieles, das die eigenen allerdings nicht ausschließen muss.
Doch es gehört noch mehr dazu: Es setzt den permanent zu erringenden Entschluss voraus, bereit zu sein, sich für ein »höheres« Selbst einzusetzen, das immer nur zu einem Bruchteil identisch sein kann mit dem eigenen. Dann kann der Genius einer Schule sichtbar werden, ein Leitbild, ein Stern, an dem sich die Gemeinschaft orientiert und übt. Nur in der geneigten Zusammenarbeit aller an einer Schule mitwirkenden Menschen – Eltern, Schüler und Lehrer –, nicht aus der Gesinnung Interessenvertreter zu sein, kann das Selbst einer Schule walten.
Selbstverwaltung ist eine Illusion, solange man der Ansicht ist, man würde eine
Schule mittragen, die ohne einen selbst selbstverwaltet sei. Mit einer Desillusionierung kann das Selbst einer Gemeinschaft beginnen, wirksam zu werden.
Mehr dazu in Erziehungskunst-Spezial Juli/August: »Selbstverwaltung – Träume und Tatsachen«