Das Buch behandelt die sozialen und wirtschaftlichen Fragen der Gegenwart und macht Vorschläge für die Gestaltung der Zukunft: Die Arbeitswelt verändert sich, sie wird internationaler und flexibler, doch die Sozialsysteme beruhen auf Prinzipien aus dem 19. Jahrhundert. Prominente Autoren stellen Fragen, machen sich auf die Suche nach Antworten und beschreiben konkrete Lösungsvorschläge einer Zukunft für alle Menschen.
Auch die beiden jungen Herausgeber beteiligen sich mit je zwei Kapiteln an der Zukunftsdebatte: Börries Hornemann, geboren 1983, Unternehmer, Journalist, Mitgründer des Forschungsnetzwerks Neopolis, Studium der Erziehungswissenschaft, Geographie, Philosophie und Kulturreflexion in Bochum und Witten/Herdecke. Armin Steuernagel, geboren 1990, Unternehmer, Gründer der Firmen Mogli und Waldorfshop sowie der Stiftung Purpose, Studium der Philosophie, Politik und Ökonomie in New York, Oxford, Witten/Herdecke, Mitglied des Think Tank 30 Club of Rome.
Unsere Arbeitsbedingungen haben sich verändert, sie sind internationaler und flexibler geworden, damit hat der mit dem Beginn der Industrialisierung entstandene Sozialstaat Bismarcks ausgedient, das System ist zu schwerfällig und passt nicht mehr zu den heutigen, räumlich und zeitlich flexiblen Arbeits- und Lebensbedingungen. Die immer größere Kluft zwischen Arm und Reich ist zwar offensichtlich, wird jedoch nicht ausreichend durch immer mehr Einzelsozialleistungen überbrückt und die Stigmatisierung der Menschen wird durch das bestehende System nur noch verstärkt. So führt zum Beispiel »der permanente Druck durch die Jobcenter nachgewiesen zu psychischen Erkrankungen, schlechter Gesundheitsversorgung und Mangelernährung bei Sanktionen – bis hin zur Suizidgefahr.« (Anhalt, 2017)
Neben dem immer wieder präferierten Grundeinkommen werden weitere Ideen dargestellt, wie die Gesellschaft sozialer gestaltet werden kann. Zum Beispiel das Finanzsystem 4.0, »…durch Berücksichtigung der Externalitäten wird ein liberaler und effizienter Kapitalismus möglich, der gleichzeitig soziale und ökologische Bedürfnisse befriedigt.« (Steuernagel, 2017, S. 57). Oder die Peer-to-Peer-Versicherungen, bei denen sich in kleinen überschaubaren, meist regionalen Zusammenschlüssen Menschen für definierte Leistungen gegenseitig versichern. Dadurch, dass sich die Menschen kennen und Vertrauen untereinander aufbauen und weil sie ihre Verträge selbst gestalten, gibt es keinen Versicherungsbetrug und die individuellen Fälle werden auch als solche behandelt. Auch ein mobiles Sozialnetz für Kleinstunternehmer wird erläutert und schon in der Praxis erprobt. Alle Beiträge sind hoch aktuell und wissenschaftlich fundiert. Viele Links zu unbekannten Themen machen die vertiefte Recherche leicht. Das Für und Wider zum Beispiel beim Grundeinkommen wird angesprochen und diskutiert. Und Theorie und Praxis werden je nach Beitrag mit unterschiedlichen Schwerpunkten beleuchtet.
Jeder der Autoren geht in seinem Beitrag individuell und aus seinem Fachgebiet heraus auf die Frage nach dem Sozialstaat der Zukunft ein. »Wir überschätzen zwar die Veränderungsgeschwindigkeit, aber den Grad der Veränderung unterschätzen wir« (Horneman & Steuernagel, 2017, S. 36) (Steuernagel, 2017, S. 36). So bringt Wenger die Probleme auf den Punkt. Wir sollten uns nicht von der Angst vor der Zukunft lähmen lassen, sondern wir sollten uns ein Bild von der Zukunft machen. Denn es gibt noch kein kollektives Einvernehmen über unsere Ziele, deshalb sollten wir unter Hochdruck in den weltweiten Dialog treten.
Die Aktualität der Themen des Buches zeigt sich in den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Alltags- und Wissenschaftsdiskursen auf der ganzen Welt. Zur Verdeutlichung werden hier Hinweise zu Projekten zum Grundeinkommen aufgeführt: »Finnland probiert das bedingungslose Grundeinkommen derzeit erfolgreich bei 2.000 Arbeitslosen aus« (Anhalt, 2017). Auf der Seite zur Initiative des Grundeinkommens findet man jede Woche deutschlandweit zwischen 20 und 30 Veranstaltungen zum Thema. (Acker, 2016). Im September 2016 wurde die Partei »Grundeinkommen« gegründet und in Berlin gibt es eine Initiative, bei der zurzeit schon 89 Grundeinkommen finanziert wurden (Bohmeyer, 2014-2017). Unzählige weitere Beispiele und Projekte lassen sich international in der Literatur und der Presse finden.
Das Buch ist klar und übersichtlich gegliedert, eine Einleitung nimmt den Leser in das Thema und die Fragen der Zukunft mit. Am Ende findet man eine Kurzzusammenfassung der einzelnen Beiträge und eine Beschreibung aller Autoren. Obwohl, oder gerade weil so unterschiedliche Autoren ein Buch gemeinsam herausgebracht haben und sie ein Thema vereint, ist es besonders interessant und hervorragend zu lesen. Ich persönlich kann es nur allen empfehlen, denen unsere Zukunft am Herzen liegt.
Börries Hornemann & Armin Steuernagel (Hrsg): Sozialrevolution. Campus Verlag, 2017, 209 S., Euro 19,95
Literatur:
Acker, R. (27. 09 2016). www.grundeinkommen.de. Abgerufen am 14. 05 2017 von https://www.grundeinkommen.de/die-idee
Alt, F., & Spiegel, P. (2017). Gerechtigkeit - Zukunft für alle – Die Grundsatzerklärung. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus in der Verlagsgruppe Random House München.
Anhalt, D. U. (12. 05 2017). gegen-hartz.de. Abgerufen am 14. 05 2017 von http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/arbeitsministerin-nahles-gegen-grundeinkommen.php
Bohmeyer, M. (2014-2017). www.mein-grundeinkommen.de. Abgerufen am 15. 05 2017 von https://www.mein-grundeinkommen.de/
Horneman, B., & (Hrsg.), A. S. (2017). Sozialrevolution. Frankfurt/New York: Campus.
https://www.mein-grundeinkommen.de/
Horneman, B. & Steuernagel, A. (Hrsg.). (2017). Sozialrevolution. Frankfurt/New York 2017.