Friedensstifter

Monika Kiel-Hinrichsen, Anke Immenroth

Tobias meldet sich, einige Blicke wandern zunächst ein wenig unsicher zur Lehrerin und dann wieder zurück zu Tim und Hannes. Die beiden sind zwei von insgesamt zwölf Konfliktlotsen an der Rudolf-Steiner-Schule für Seelenpflegebedürftige in Kiel, die in ihrer Patenklasse ihre Hilfe anbieten.

Auf der Grundlage der Gewaltfreien Kommunikation entstand im Rahmen eines Schulsozialprojektes des Ipsum-Instituts Kiel ein Konzept zur Konfliktlösung für Förderschulen. Während der Ausbildung lernten die Schüler anhand von Körpersprache, Gefühle zu vermuten und diese zu benennen. Sie lernten auch in Ansätzen ihr eigenes Konfliktverhalten kennen. Schnell entwickelten sie während der Ausbildung ein Verständnis für Unparteilichkeit. »Irgendwie haben ja immer beide Seiten recht«, sagt Paul. Ein genau festgelegter Ablauf des Gespräches zur Konfliktlösung erleichtert es den Schülern, eine vermittelnde und zugleich strukturierende Rolle zu übernehmen. Je nach individuellen Möglichkeiten werden dabei Gefühle und Bedürfnisse herausgearbeitet oder das gegenseitige Verständnis untereinander gefördert, um Konflikte zu einer konstruktiven Lösung zu führen.

Ein zweiter Durchlauf für das kommende Schuljahr ist geplant. Denn klar ist: Diese Jugendlichen können mit ihrer wertvollen Arbeit zu einem friedlichen Miteinander an der Schule beitragen, wenn die Erwachsenen ihnen das Vertrauen dafür geben.

Gibt es jetzt weniger Konflikte an der Schule? Schwer zu sagen. Sicher aber ist, dass es für die Schüler selbstverständlicher wird, Probleme anzusprechen – und selbstbestimmt zu entscheiden, mit wem sie Konflikte lösen wollen.

Tobias hat sich inzwischen entschieden. Ja, er würde Hannes gerne von seinem Streit mit einem Jungen aus der Wohngruppe erzählen. Die Lehrerin stellt ihnen den Nebenraum zur Verfügung, während die anderen schon einmal das Frühstück vorbereiten. Nach einiger Zeit kommen beide in den Klassenraum zurück. »Hm, so richtig konnte ich nicht das machen, was wir gelernt haben, denn der andere Junge war ja nicht dabei. Aber ich habe Tobias einfach zugehört und ihm gesagt, dass er mit dem anderen auch mal so reden soll wie mit mir«, reflektiert Hannes seinen Einsatz. Tobias ist zufrieden. Er sagt später zu seiner Lehrerin: »Es hat gut getan, das mal dem Konfliktlotsen zu erzählen. Und ich kann ja immer wieder mit ihm darüber sprechen.«

Zu den Autorinnen: Anke Immenroth ist Erziehungswissenschaftlerin und Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation, Monika Kiel-Hinrichsen leitet das Ipsum-Institut Kiel.

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