Hört zu und handelt!

Henning Kullak-Ublick

»Personally«, ergänzte sie später, sei sie gegen die Atomkraft. Das war notwendig geworden, weil ihr von fast der gesamten konservativen Presse und etlichen Politikern sogleich ein Bekenntnis zur Kernenergie unterstellt worden war. Der Spiegel-Kolumnist Jan Fleischhauer fragte unter dem Titel »Klimareligion – Das erste Buch Greta« sogar noch nach dieser Klarstellung reichlich zynisch nach, was denn jetzt all ihre Anhänger und Katrin Göring-Eckart machen würden, die Greta schließlich zur Prophetin erklärt hätten – was nicht stimmt; sie hatte während einer Predigt einen Vergleich zu dem Propheten Amos gezogen, der seinen Zeitgenossen eine fürchterliche Strafe Gottes angekündigt hatte, wenn sie nicht begännen, ein gottge­fälliges Leben zu führen.

Greta Thunberg hat eine glasklare Botschaft: Es ist an uns, den Erwachsenen, Lösungen für die Verhinderung einer Klimakatastrophe zu finden, die durch unsere Entscheidungen und Handlungen hervorgerufen wird. Schon heute sind die Folgen des Klimawandels sichtbar, sei es in der Ausbreitung der Wüsten, der Erwärmung der Arktis, der Zunahme verheerender Wirbelstürme, den Dürreperioden, Überschwemmungen und vielem mehr. Dass aus Gretas Streik vor dem schwedischen Parlament die weltweite »Fridays-for-Future«-Bewegung geworden ist, ist vor allem eins: eine Herausforderung an uns, endlich zu handeln und unsere Kinder vor den Folgen unseres bisherigen Versagens zu schützen.

Die geradezu flehenden Apelle vieler Schulen an die schulaufsichtliche Obrigkeit, ihnen doch bitte zu sagen, ob sie bestraft würden, wenn sie die Kinder nicht dafür bestraften, dass sie freitags demonstrieren gehen, haben angesichts des ernsten Grundes für diese Demonstrationen schon etwas außerordentlich Lächerliches an sich. Sie erinnern an den Lenin zugeschriebenen Ausspruch, bei einer Revolution würden die Deutschen erst für eine Bahnsteigkarte anstehen, bevor sie einen Bahnhof erstürmten. Gut, dass viele Waldorfschulen Wege gefunden haben, ihren Schülerinnen und Schülern die Teilnahme zu ermöglichen!

Wir sollten uns als Lehrerinnen und Lehrer mit den Kindern solidarisieren, die Demos als praktizierte Staatsbürgerkunde verstehen und zum Anlass nehmen, ökologische Fragen und den eigentlichen Sinn des Wirtschaftslebens mit ihnen zu ergründen, fragen, was wir tun können, damit das Viertel der Menschheit, das keinen Zugang mehr zu sauberem Trinkwasser hat, diesen bekommt, und zwar bald! Es genügt nicht, wenn auch wir Alten jetzt ein paar Plakate hochhalten: Wir müssen den Wandel organisieren. Es geht nicht darum, was Greta von der Atomkraft hält, sondern darum, ob wir ihr und all den anderen Kindern überhaupt zuhören.