Dieses Material, das während der filmischen Begleitung einer Klasse und deren Klassenlehrerin an der Landsberger Waldorfschule vom ersten Schultag bis zum letzten Tag des achten Schuljahres auf mehr als 700 Stunden angewachsen war, wurde von Christian Boettger (PäFo) und Walter Riethmüller (PäFo) zusammen mit Filmemacherin Maria Knilli gesichtet, beraten und eine Auswahl schließlich zu verschiedenen thematischen Blöcken zusammengestellt.
Einzigartig war schon die in drei Teilen vom Bayerischen Rundfunk produzierte und als DVD-Box erhältliche filmische Langzeitdokumentation (»Guten Morgen, liebe Kinder«, »Eine Brücke in die Welt«, »Auf meinem Weg«). Mit einem die notwendige Distanz wahrenden und die Würde der Kinder und der Lehrerin achtenden, empathischen Blick zeichnete Maria Knilli wie in einem »Entwicklungsroman« in beeindruckenden filmischen Sequenzen den Weg dieser Klasse nach. Es wird erlebbar, dass sich während dieser acht Jahre sehr viel mehr bildete als nur eine Lerngemeinschaft: Man bekommt vielmehr eine Ahnung vom Werden einer Schicksalsgemeinschaft.
Mit der Bearbeitung des bisher unveröffentlichten Materials rückten nun eher methodisch-didaktische Gesichtspunkte in den Fokus, wie z.B.: der thematische Gesichtspunkt »Wie verwandelt sich ein bestimmter Lernstoff durch die Klassenlehrerzeit?«, der methodische Gesichtspunkt »Wie verwandelt sich die methodische Bearbeitung der verschiedenen Unterrichtsinhalte?«, der individualisierende Gesichtspunkt »Wie verändern sich Stoffzugänge und Lernverhalten der Schülerinnen und Schüler durch die Altersstufen?«, der lernpsychologische Gesichtspunkt »Wie verändert sich die dialogische Kompetenz des gemeinsamen schulischen Lernens von Kindern und Lehrerin?«, u.v.a.m.
Die verschiedenen Themenbereiche sind in zeitlich überschaubaren Filmkapiteln aufbereitet, so dass in seminaristischen Veranstaltungen noch genügend Gesprächszeit zur Verfügung steht. Als Dozent hat man so die Möglichkeit durch Forschungsfragen und Blicklenkungen das Material »zum Sprechen« zu bringen.
Dabei sollte von vornherein klar sein, dass dieses Material keineswegs dokumentieren soll, »wie man es eben an der Waldorfschule macht«, und man nun ein Vorbild vor Augen hat, an dem man sich zu orientieren habe. Ganz im Gegenteil: Die für die Materialaufbereitung Verantwortlichen sähen sich in ihrer Arbeit dann verstanden, wenn sich in der Befragung der einzelnen Sequenzen auch kontroverse Gespräche und Diskussionen einstellten, umgehend Ideen entstünden, wie und was man anders, evtl. besser oder gar nicht gemacht hätte, welcher Aspekt noch hätte dringend behandelt gehört, oder auch: was unbedingt als vorbildlich angesehen werden könnte.
Solch ein lebhafter, anregender Umgang mit dem Material wäre die richtige Antwort auf den »Kochlöffel« als gern zitiertes Beispiel eines hundertjährigen, durch nichts und niemanden zu erschütternden Stoffkanons des Waldorfschullehrplans. Das Gegenteil wäre richtig und fruchtbar in der Praxis: durch das Medium »filmische Unterrichtsbeobachtung« Impulse für eine eigene phantasie- und verantwortungsvolle Weiterentwicklung der Methodik und Didaktik der Waldorfschule zu gewinnen.
Die unter dem Link https://www.forschung-waldorf.de/publikationen/streaming-portal/ abrufbaren Filmreihen umfassen bisher folgende Themen: Muttersprachlicher Unterricht, Rechnen, Theaterprojekte, Zeugnissprüche. Die Themen Formenzeichnen und Wasserfarbenmalen sind noch in Arbeit.
Alle Filmreihen stehen auch mit englischen Untertiteln zur Verfügung, um die weltweite Waldorfschulbewegung in den Diskurs miteinzubeziehen. Das Filmmaterial ist nur für Lehrerbildung und Forschung zugänglich. Eine Registrierung ist erforderlich.
Das Projekt wäre ohne das großzügige Zur-Verfügung-Stellen des Filmmaterials durch die Verantwortlichen des Bayerischen Rundfunks gar nicht möglich gewesen; ein herzlicher Dank sei auch an dieser Stelle dafür ausgesprochen. Ebenso ist der Klasse und ihrer Klassenlehrerin von Herzen zu danken. Die Realisierung dieses Projekts ermöglichten die Waldorf-Stiftung, die DAMUS-Donata e. V., die GLS-Treuhand e. V., die Mahle-Stiftung und nicht zuletzt die Pädagogische Forschungsstelle.