Henning Kullak-Ublick | Was ist das Ziel eurer Initiative?
Kurt Wilhelmi | Wir wollen mit »Schule in Freiheit« in aller Öffentlichkeit deutlich machen, dass die Arbeit, die in den Schulen geleistet wird, etwas ganz besonders Kostbares zum Inhalt hat: die Kreativität. Die Fähigkeit, Neues zu schaffen und dafür die Verantwortung zu übernehmen. Und dieser Bildungsprozess der gegenseitigen Wahrnehmung und Anregung der kreativen Möglichkeiten bedarf der Freiheit. Sonst wird alles schief. Aber das Schulwesen ist noch nicht frei, es kann sich nicht selbst bestimmen. Es wird immer noch von außen, vom Staat, bestimmt.
HKU | Und die freien Schulen?
KW | Ja, die sind schon eigenständiger, sie brauchen sich nicht so stark an die staatlichen Lehrpläne zu halten. Aber je näher die Abschlussprüfung rückt, umso mehr müssen sie sich anpassen, zum Schluss bis hin zur kleinsten Prüfungsfrage. Sie können ihre Abschlüsse nicht aus der eigenen pädagogischen Konzeption heraus selbst gestalten. Außerdem werden die Schulen in freier Trägerschaft noch an einer anderen Stelle stark beeinträchtigt: Sie erhalten eine mangelhafte öffentliche Finanzierung und werden so zu Privatschulen.
HKU | Und wie wollt ihr das ändern?
KW | Ganz einfach. Wir fordern die gleichberechtigte Finanzierung der Schulen in staatlicher und freier Trägerschaft, so dass die Eltern die Schulen nicht mehr aus der Privattasche mitfinanzieren müssen. Das Schulgeld entfällt und die Wahl der Schule wird unabhängig vom Einkommen der Eltern.
HKU | Der Staat soll also die Finanzierung der Schulen garantieren, aber deren Arbeit nicht mehr inhaltlich bestimmen.
KW | Genau. Die Freiheit soll finanziert werden. Freiheit bedeutet aber nicht Willkür und Beliebigkeit. Ich halte es zum Beispiel für richtig, dass sich die Zivilgesellschaft fragt: Welche Dinge sollen in jeder Schule stattfinden? Also etwa Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Diese – und andere – kulturellen Standards sind dann die Grundlage, auf der die Schulen ihr pädagogisches Konzept frei entwickeln können.
HKU | Was macht ihr für Erfahrungen beim Unterschriftensammeln auf der Straße?
KW | Sehr gute. Man kommt mit vielen Menschen ins Gespräch und immer wieder neue Aspekte und Gesichtspunkte tauchen auf. Natürlich macht man sich auch manchmal Sorgen, ob wir die 20.000 Unterschriften zusammen bekommen. Das ist ja nicht wenig.
HKU | Und wenn ihr es schafft?
KW | Dann findet das Seminar auch im Berliner Abgeordnetenhaus statt. Dann haben wir da ein Rederecht. Und vielleicht entwickelt sich aus dieser Volksinitiative ja auch einmal der Impuls, einen Gesetzentwurf auszuarbeiten und einen Volksentscheid anzustreben.
HKU | Wie kann man jetzt aktiv werden?
KW | Als Berliner kann man die Volksinitiative unterschreiben, man kann auch im Freundes- und Bekanntenkreis Unterschriften sammeln. Man kann bei der Straßensammlung mitmachen, im Büro mithelfen oder Geld spenden ... Die Nichtberliner können mitdenken und mitfiebern oder einige Tage nach Berlin kommen und beim Sammeln helfen. Bei Interesse und Fragen bitte einfach im Berliner Büro des OMNIBUS anrufen. ‹›
Kontakt: OMNIBUS. Haus der Demokratie. Greifswalder Straße 4. 10405 Berlin. Telefon 0 30 / 42 80 43 90. | berlin@omnibus.org | www.schule-in-freiheit.de