Der besondere Film: Die ersten drei Jahre in der Waldorfschule

Erziehungskunst | War es schwierig, eine Schule zu finden, die mitmacht?

Maria Knilli | Das war ein ganz langer Prozess! In Landsberg war das Kollegium zum Glück offen. Da die Schule selbstverwaltet ist, musste wirklich das ganze Kollegium einverstanden sein. Als nächstes musste ich an vielen Eltern- ­abenden Überzeugungsarbeit leisten.

EZ | Spannend ist ja auch, dass Sie nicht nur drei, vier Wochen drehen, sondern eine Langzeitbeobachtung machen. Wie reagierten die Kinder?

MK | Ja, ich fühle mich fast, als würde ich die Chronik eines kleinen Dorfes schreiben. Ich staunte immer wieder über die Selbstverständlichkeit, mit der die Kinder das Drehen duldeten. Oft stand ich direkt neben einem Schüler, beugte mich mit der Kamera über sein Heft, in dem er konzentriert schrieb, schaute ihm wenig später mit der Kamera sogar direkt ins Gesicht und erntete, wenn überhaupt, einen kurzen Seitenblick: Ah, da bist du wieder ...

EZ | Was haben Sie denn in den ersten drei Jahren beobachtet? Was brauchen die Kinder um gut zu lernen?

MK | Sie brauchen Zeit und ein bestimmtes Klima. Wie die Pflanzen. Und ein Gegenüber, das auf sie eingeht. Sie müssen mal schwach und mal stark sein dürfen, und ihre Neugierde muss immer wieder befeuert und genährt werden.

Und – vieles ist eine Frage des richtigen Zeitpunkts. Die Inhalte, die ihnen auf der Nasenspitze stehen, die lernen die Kinder einfach so. Da muss man gar nicht viel machen. Neulich ging es um das Thema Handwerk, da haben die Kinder auch Ausflüge in Werkstätten gemacht und dem Meister geradezu Löcher in den Bauch gefragt. Vor einem Jahr wären sie vielleicht noch zu schüchtern und beeindruckt gewesen. Tief berührt war ich jedes Mal, wenn ich die Kinder beim Aquarell-Malen drehte. Mit welch unbefangener Entschiedenheit sie den Pinsel zur Hand nahmen, erst einen Strich setzten, dann den nächsten, Farben mischten … Das muss man sehen. Jedes Kind ein Meister!

EZ | Ihr wichtigstes Anliegen nach dem ersten Abschnitt?

MK | Wir müssen über das geringe Ansehen der Lehrer bei uns nachdenken. Es ist doch absurd: Der Beruf des Lehrers ist neben dem des Arztes vielleicht der wichtigste. Wie eine Hebamme kann der Lehrer etwas zutage fördern, aber eben nur, wenn er den richtigen Zeitpunkt weiß. Was für eine Verantwortung das ist!

Homepage der Regisseurin: www.guten-morgen-liebe-kinder.de