Ein Digitales Lagerfeuer

Julia Bantlin

Als im Januar klar wurde, dass die Schulen und Kindertageseinrichtungen nach den Weihnachtsferien vorerst nicht wieder geöffnet werden, konnten viele Eltern nur noch die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Der Lockdown kostete schon im vergangenen Jahr viel Kraft, dann kam der zweite um die Weihnachtszeit und nun noch einmal eine Verlängerung – auf unbestimmte Zeit. Es war für viele in unserer Schulgemeinschaft, als hätte man die Hoffnung auf eine Rückkehr zu ein wenig Normalität wie einen Luftballon mit der Nadel zerstochen.

Für unsere Schulärztin Frau Dr. Helmschmidt und unsere Heileurythmistin Frau Bukatz war klar, dass sie etwas für die Eltern tun möchten, die gerade alle familiären, beruflichen und schulischen Belastungen auf einmal bewältigen müssen. Also haben sie ein Projekt ins Leben gerufen, das in dieser Form an unserer Schule ganz neu war – das Digitale Lagerfeuer. Worum es dabei geht, beschreibt Elisabeth Helmschmidt folgendermaßen in ihrer Einladung zum ersten virtuellen Treffen:

»Wir möchten Ihnen ein Forum anbieten zu Fragestellungen rund um den Alltag mit Corona. Wie können wir unsere Kinder möglichst seelisch sicher durch die weitere Zeit begleiten? Wie gehen wir mit unseren Ängsten und denen unserer Kinder um? Was sind ganz praktische Ideen für den Alltag? Gibt es in der Elternschaft bereits erprobte Modelle? Diese und weitere Fragen wollen wir gemeinsam ansprechen und diskutieren.«

Bequem von zu Hause aus konnten sich alle interessierten Eltern per Laptop, Tablet oder Smartphone zuschalten. Manche haben einzelne Themenabende besucht, viele waren Wiederholungstäter, alle waren dankbar um die Möglichkeit, sich mit vielen anderen Eltern direkt austauschen zu können.

»Ich fand das Digitale Lagerfeuer aus mehreren Gründen grandios. Es hat zum Beispiel wahnsinnig gut getan, viele liebe Menschen wiederzusehen, die man sonst im Schulalltag trifft. Gleichzeitig konnte man reflektieren, sich austauschen und neue Impulse zu vielen verschiedenen Themen holen.« (Sandra – Kindergarten & 2. Klasse) 

So fand seit Ende Januar das ein- bis anderthalbstündige digitale Lagerfeuer immer freitagabends ab 20:15 Uhr statt. Zunächst gab es zum jeweiligen Thema des Abends eine etwa 25-minütige Einführung von Frau Dr. Helmschmidt. Darauf folgte mal eine Frage- und Diskussionsrunde, an der sich alle in der Großgruppe beteiligen konnten, mal wurden die Teilnehmer in mehrere Kleingruppen eingeteilt, die sich in separaten virtuellen Gruppenräumen herrlich austauschen und ihre Ergebnisse dann der gesamten Gruppe präsentieren konnten, mal gab es einen längeren Vortrag, der über eine anschließende Übung, die jeder für sich zu Hause machen konnte, ins gemeinsame Gespräch führte. Das fünfte Lagerfeuer moderierten Thomas Mosmann, Lehrer für Geschichte und Deutsch sowie Tutor in der Oberstufe, und Elisabeth Helmschmidt gemeinsam; beim sechsten Lagerfeuer übernahm Alexandra Boos, Heilpraktikerin Psychotherapie und Mediatorin, die Rolle der Vortragenden. So war für reichlich Abwechslung gesorgt und viele Themen wurden behandelt, die den Eltern gerade in dieser Zeit so besonders wichtig waren (Auflistung siehe Homepage der Freien Georgenschule).

»Manchmal kam ich mir fast vor wie in der Uni-Zeit, zurückversetzt in eine der Ringvorlesungen. Der wirklich jedes Mal interessante Einführungs-Teil hat mich aus dem gerade so allgegenwärtigen reinen Alltag-Bewältigen herausgehoben, meine Lust am Hineindenken in wissenschaftliche Zusammenhänge wieder geweckt.«  (Julia – Krippe, Kindergarten & 1. Klasse)

Die Frage nach einer Weiterführung des Digitalen Lagerfeuers, das zunächst nur für drei bis vier Abende geplant war, kam schon bald auf und neue Themen standen unmittelbar im Raum, die Frau Dr. Helmschmidt direkt aufgegriffen und für weitere Lagerfeuer-Abende umgesetzt hat.

Als Ersatz für ihre Sprechstunde als Schulärztin, die in der ganzen Corona-Zeit nicht so rege wie sonst genutzt wurde, war das Digitale Lagerfeuer nicht gedacht. Es bestand aber die Hoffnung, dass einige Eltern den Kontakt über dieses Forum nutzen würden, um ihre so wichtigen Fragen an die Frau zu bringen. Die rege Beteiligung in den Diskussionsrunden, die Fragen, die aufgegriffen und vertieft wurden, bestätigen dies. 

»Wir werden täglich von neuen Verordnungen, Unwägbarkeiten und systemischen Belastungen überrannt. Umso wichtiger ist es, Begegnungen zu pflegen und uns darauf zu besinnen, was für uns und unsere Kinder wirklich wichtig ist. So können wir immer wieder den Alltagsstrudel überwinden und Anschluss an unsere Ideale und Werte finden.« (Elisabeth Helmschmidt)

So fanden bis zu den Osterferien wöchentliche Treffen im virtuellen Raum statt, an denen vor allem Eltern, aber auch Lehrer und Mitarbeiter unserer Schule gleichermaßen mit Freude teilgenommen haben. Am letzten Abend stand erneut die Frage im Raum, wie das Lagerfeuer weitergeführt werden könnte und es wurde der Wunsch laut nach Verbindung innerhalb der Elternschaft und inhaltlicher Beschäftigung mit dem, was unsere Kinder im Moment wirklich brauchen. Am schönsten, so hieß es, wäre es doch, wenn man sich am echten Lagerfeuer austauschen könnte. So lange das noch nicht geht, begnügen wir uns mit der digitalen Variante.

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