What moves You?

Christian Boettger

Über 1100 Menschen erlebten am 3. und 4. August in den zwei ausverkauften Vorstellungen im Saal der Kreuzberger Waldorfschule etwas ganz Besonderes. Es war begeisternd, 83 engagierte, fröhliche und ernsthaft konzentrierte Jugendliche zwischen 17 und 23 Jahren aus 15 Nationen von Argentinien bis Neuseeland zusammen auf der Bühne zu sehen. Die beiden Orchesterstücke »Fratres« von Arvo Pärt und die 5. Symphonie in c-moll von Ludwig von Beethoven wurden von einem hervorragenden Jugendorchester aus Moskau (den Gessin Virtuosen unter Michail Khokhlov) begleitet. Wobei die Choreographie bei dem Stück von Arvo Pärt vorsah, dass alle Jugendlichen gleichzeitig im Saal anwesen waren und in einem großen Kreis den ganzen Zuschauerraum umfassten, während immer eine kleinere Gruppe ihren Part auf der Bühne zeigte. 

Die vier Sätze der 5. Symphonie waren auf vier Gruppen mit jeweils zwischen 15 und knapp 30 Personen aufgeteilt. Die Gruppen schlossen immer direkt aneinander an und zeigten alle eine begeisterte Dynamik in den sehr fein ausgearbeiteten Einzelbewegungen und Gruppenformationen. Das Ganze wurde durch Peter Jackson wunderbar beleuchtet.

Auch wenn sich hier sicher durch die Bewerbungsverfahren die interessiertesten jungen Menschen gefunden haben (deutsche Teilnehmer aus 38 Städten), war doch zu ermessen, was für eine herausragende Arbeit die Lehrer Astrid Thiersch, Mikko Jairi, Ulrike Wendt, Jakob von Verschuer, Reinhard Wedemeier, Sonnhild Gadeke Mothes und Aurel Mothes geleistet haben. Sie haben es geschafft mit den Jugendlichen und ihren sicher ganz unterschiedlichen Voraussetzungen ein Team zu schmieden, das offensichtlich sehr gerne und manchmal bis an den Rand der körperlichen Erschöpfung künstlerisch zusammengearbeitet und mit der Abschlussaufführung Hervorragendes geleistet hat. Eine solche Arbeit wird sich nachhaltig für die Eurythmie auswirken, gerade weil die Jugendlichen diese starke künstlerische Erfahrung in der großen Gruppe machen durften.

Dem Projektleiter André Macco ist hier eine hervorragende Tat für die Eurythmie in ihrem 100. Geburtstagsjahr gelungen. Sein Durchhaltewille auch in schwierigen finanziellen Situationen war bewundernswert. Er hat zwei Jahre neben seiner Arbeit als Eurythmielehrer dieses Großprojekt geplant und schließlich mit den beiden Aufführungen zum Abschluss gebracht. Unterstützt wurde er durch ein gutes, fast familiär anmutendes Team: Johannes Duve, Tamali Duve und Gislind Christiane Macco. Das Projekt wurde fotographisch von Charlotte Fische begleitet und durch den Film von Christian Labhardt, der im nächsten Jahr herauskommen wird, dokumentiert. Dieser Film kann eventuell alle trösten, die nicht das Glück hatten eine Karte für eine der beiden Aufführungen zu bekommen und er kann eventuell anregen und Mut machen, ähnliche Projekte zu planen und durchzuführen.

Man feiert einen 100-jährigen Geburtstag und kann die Zukunft der Eurythmie ahnen – ist das nicht ein Wunder?