Zusammen für die Umwelt. Potsdam und Sansibar bereiten sich auf die Heißzeit vor

Catharina Engelke, Maria-Sibylla Hesse

In einem Wald bei Potsdam hat ein findiger Förster eine kleine Versuchszucht angelegt mit Pflanzen aus dem Mittelmeerraum, darunter Palmen. Ob sie auf dem märkischen Sand gedeihen? Einige Brandenburger Kiefernmonokulturen brannten in den letzten, trockenen Jahren, andere fielen hitzegestresst dem Borkenkäfer zum Opfer: Es besteht Handlungsbedarf.

Auch unser Schulgarten braucht konstant Bodenverbesserung und Bewässerung. Die spärlichen Regengüsse sollten, will man nicht ohne Ende mit Trinkwasser sprengen, von den großen Dachflächen der Schulhäuser in Zisternen fließen. Die Häuser heizen sich auf, es bedarf der Beschattung, der Kühlung. Das sind nur wenige der vielen Aufgaben, die sich für ein Schulgelände in Zeiten der Klimakrise stellen.

Schule und Gelände klimafest anpassen

Auch die Aufenthaltsqualität draußen muss – besonders in Pandemie-Zeiten – gesteigert werden, so dass kleine Lerngruppen Nischen finden, ohne sich gegenseitig zu stören. Ein »grünes Klassenzimmer« mit überdachter Tafel und gemauerter Sitzrotunde entstand in der Hausbauepoche einer dritten Klasse; daneben pflegt der Sportlehrer eine Wiese, die er für das Speerwerfen nutzt – in anderen Zeiten dient sie der Oberstufe als Rückzugsraum, wofür ein Oberstufenprojekt aus Paletten wetterfeste Draußen-Möbel baute. Wer es schattiger mag, kann sich auf dem ehemaligen Kindergarten-Gelände in eine baumbestandene Oase zurückziehen und in Hängematten chillen: ebenfalls ein Projekt-Ergebnis aus recyceltem Material.

Langsamer Mentalitätswandel durch Fridays for Future

Gern gehen unsere Schülerinnen und Schüler zu den wieder auflebenden Demos. Das Bewusstsein für das tägliche, verantwortliche Handeln wächst langsam und strahlt manchmal in die Familien hinein, indem der Plastikverbrauch reduziert wird oder man Kleider tauscht oder upcycelt, statt neue zu erwerben. Dennoch bleibt unser ökologischer Fußabdruck erheblich, der globale Norden muss seinen Verbrauch drosseln. Aber wie?

Hilfen vor Ort nutzen

Schule und Alltag mit den Kindern und Jugendlichen zusammen weiterzuentwickeln – z.B. im Rahmen unseres Projektunterrichts – braucht Zeit und Ideen. Dafür kann man auf viele NGOs zurückgreifen. Der Verein »Urbanität und Vielfalt« beispielsweise brachte uns bedrohte kleine hiesige Wildpflanzen, die zur Förderung der Biodiversität gleich eingesetzt wurden. Auch die Stadt ist hilfreich: Ein Besuch der Müllzwischendeponie wirkt immer imposant, v.a. für die Nasen, und fordert zur Müllreduktion auf.

Die Stadtverwaltung zeigt sich ebenso kooperativ. So erklärte uns ihre Vertreterin für »Potsdam klimaneutral 2050«, wie kompliziert die Abläufe sind, wenn man Verkehrs- und Energiewende auf die einzelnen Stadtteile herunterbrechen will.

Für fachliche Hilfe lohnt auch ein Blick in die lokale Forschungslandschaft. So profitierten wir von Vorträgen aus dem »Potsdam Institut für Klimafolgenforschung«, dessen Wortschöpfung »Heißzeit« zum Wort des Jahres 2018 gekürt wurde, und holten uns Expertise vom »Institut für nachhaltige Transformationsforschung« (IASS).

Wenn man länder- oder kontinentübergreifend agieren will, bieten sich die Partnerstädte an. Potsdam war mit Sansibar schon zu DDR-Zeiten verbunden; in den letzten Jahren wurde diese Freundschaft reaktiviert.

Schulfreundschaft Potsdam-Sansibar

Über diese Städtepartnerschaft hinaus haben auch wir als Schule ein Band nach Sansibar zu der »Zanzibar Steiner School« geknüpft und sind seit 2018 in lebendigem, regelmäßigem Austausch. Die Schule wurde 2012 gegründet und liegt auf einem wunderschönen, großen und vegetativ vielfältigen Gelände. Die ältesten Schulkinder gehen in die achte Klasse.

Einmal jährlich besucht eine Kollegin, die vor drei Jahren für uns den Faden aufgenommen und während ihres Sabbaticals dort unterrichtet hat, die Schule. Es gibt Briefwechsel zwischen Klassen und wir sind als Schulgemeinschaft über die laufenden Projekte und aktuellen Bedürfnisse informiert.

Hier Stromverschwendung, dort Stromausfall

Im September 2019 besuchte uns der Klassenlehrer Mussa Muhammed, als er im Rahmen der Waldorf100-Feierlichkeiten nach Berlin eingeladen war. Er nahm am Projektunterricht der Oberstufe teil und schilderte anschaulich, wie es sich mit einer unzuverlässigen Stromversorgung unterrichtet, bei der oft tagelang kein Strom für Licht und Ventilatoren zur Verfügung steht. Wir erfuhren, wie wichtig eine Anlage zum Auffangen tropischer Regengüsse sein könnte, zunächst für die gezielte Bewässerung der nach Demeter-Grundsätzen angebauten Pflanzen im Schulgarten und später in Erweiterung auch für die Aufbereitung von Trinkwasser.

Dank einiger Erlöse unseres Adventsbasars, Elternspenden und der großzügigen finanziellen Unterstützung einer sansibarischen Demeter-Gewürzfarm konnte im Frühjahr 2020 mit dem Bau der Aufbereitungsanlage für Regenwasser begonnen werden. Nun ist sie bereits in vollem Einsatz und wir möchten als nächstes das Filtertanksystem zur Aufbereitung von Trinkwasser ermöglichen.

Preisgelder in die Zukunft investiert

Das Oberstufenprojekt »Tu wat! Klimawandel« beschäftigte sich mit Wegen zur Reduktion des Plastik- und Papierverbrauchs. Diese und andere ökologische Maßnahmen wurden über den wöchentlich erscheinenden »Schulboten« verbreitet. Das Projekt begründete die Waldorfzusammenarbeit mit der sansibarischen Schule. Dafür erhielten die Jugendlichen 2020 einen 4. Preis im Schulwettbewerb zur Entwicklungspolitik verliehen sowie den Potsdamer Umweltpreis in der Kategorie Schulen. Alle Preisgelder übergaben wir zur Weiterentwicklung des Wassermanagements an die Zanzibar-Steiner-School, dazu kamen Erlöse aus dem WOW-Day. Für die Zukunft wünschen wir uns hier wie dort weitergehende Formen des Austauschs und der Begegnung.

Links: cefzanzibar.org/en/ | brightmeadow.org/projects |

»Urbanität und Vielfalt«: www.UundV.de | www.klimafolgenonline.com/

Zu den Autorinnen: Catharina Engelke ist Klassen- und Fachlehrerin an der Waldorfschule Potsdam, Maria-Sibylla Hesse Oberstufenlehrerin für Geschichte und Projekt