Waldorf wohin?

Mathias Maurer

Und doch kann man eine Ahnung entwickeln, wohin die Reise gehen wird, wenn man das menschliche Bewusstsein als ein Zusammentreffen begreift von aus der Vergangenheit heraus gebildeten Vorstellungen und aus der Zukunft kommenden Willens­impulsen. Oft erleben wir diese Impulse als unpassend und störend, ja geradezu als kontraproduktiv gegenüber allem, was wir bisher dazu gedacht und empfunden haben. Rudolf Steiner hat beschrieben, wie solche Willensimpulse sozusagen von hinten gelesen werden müssten. Damit meinte er, dass sich die gewöhnliche Anschauung von Ursache und Wirkung umzukehren habe, denn diese Willensimpulse zeigten sich oft in gespiegelter Form. Um einen »prophetischen Blick« auszubilden, müsste man rückwärts in der Zeit gehen. An anderer Stelle sprach er vom »prophetischen Blick«, der erkennt, dass selbst in den »ungezogensten Rangen« ein guter Kern stecke und aus ihnen später die »wertvollsten Menschen« würden, während das bei vielen »braven Kindern« nicht eintreten würde. Lehrer und Erzieher hätten auf ein »Inneres« hinzusehen, das sich nicht im Äußeren ausdrücke und »deshalb etwas prophetische Gabe« erfordere. Was zeichnet sich also heute an Zukunftsimpulsen ab im Blick auf die Waldorfschulbewegung? – Man kann sie zusammenfassend – also gespiegelt – als Gegenbilder charakterisieren, zu dem, was wir heute als etablierte und anerkannte Schulform kennen. Manche Bereiche haben wir aus den Augen verloren, die neu gegriffen werden müssen und die man mit dem Begriff Schule nicht auf Anhieb verbindet, die aber doch eine Antwort auf die drängendsten Herausforderungen der Gegenwart geben: Es ist die Verstärkung des Künstlerischen im weitesten Sinne gegenüber der Kopflastigkeit; es ist die Intensivierung der Pflege der Erde und unserer natürlichen Umgebung gegenüber Konsum und Ausbeutung ohne Grenzen; es ist die Bereitstellung von ganzheitlich ansprechenden und sinnstiftenden Orten für Lebensgemeinschaften – Schüler, Eltern und Lehrer – gegenüber künstlich geschaffenen Lernorten und Lernzielen, mit denen man sich arrangiert hat. 

Dass wir Schule nicht nur neu denken, sondern auch wollen, diesen Impuls werden die Kinder immer dringlicher einfordern.