Waldorfpädagogik 2019+

Tomáš Zdražil

Die Entwicklungsbedingungen der Heranwachsenden haben sich verändert. Einerseits scheint die Ausbildung basaler Kernfähigkeiten durch die veränderten Lebensumstände in den Familien und den extensiven Umgang mit den digitalen Medien gefährdet. Andererseits ist absehbar, dass in Zukunft auch neue Fähigkeiten gebraucht werden, um mit den Herausforderungen, welche die digitale Welt stellen wird, souverän und schöpferisch umgehen zu können.

Vor diesem Hintergrund müssen die methodisch-didaktischen Konzepte der Waldorfpädagogik dringend aktualisiert und weiterentwickelt werden. Die Freie Hochschule Stuttgart konnte bereits mit der Einrichtung des von Tessin-Lehrstuhls für Medienpädagogik Konzepte für einen sachgerechten Umgang mit den neuen Medien entwickeln. Noch nicht bearbeitet ist die Fragestellung, welche Konsequenzen die Situation der Kinder in der heutigen Zeit für die didaktischen Konzepte der verschiedenen Schulfächer hat. Welche neuen oder besonderen Akzente müssen im Schreiben, Lesen, Rechnen, im Sport-, Handarbeits-, Eurythmie-Unterricht sowie in anderen Fächern im digitalen Zeitalter gesetzt werden, damit die Schüler die notwendige Förderung erhalten?

Wir gehen davon aus, dass eine umfassende Ausbildung, die alle Fähigkeiten des Menschen berücksichtigt, die beste Vorbereitung auf die Zukunft ist. Von diesem Gesichtspunkt aus sind die aktuellen Zielrichtungen in Wirtschaft und Politik, die vor allem auf eine Digitalisierung der Unterrichtsmedien setzen, einseitig. Diese gegenwärtige pädagogische Herausforderung wird durch die Tatsache verstärkt, dass viele Kinder durch den ungeregelten Gebrauch von Informationstechnologien zu Verhaltensweisen und Gewohnheiten verführt werden, die ihnen die Entwicklung der genannten Zukunftsfähigkeiten paradoxerweise erschweren, wenn nicht gar verunmöglichen.

Es geht heute darum, die praktizierte Methodik und Didaktik der Waldorfschulen aus dem aktuellen Wahrnehmen der Schüler neu zu entwerfen und im Dialog mit anderen modernen methodischen und didaktischen Ansätzen zu begründen.

Die Freie Hochschule Stuttgart hat die entsprechende Infrastruktur, um die Innovationen der schulischen Unterrichtspraxis zu erforschen, Impulse für die Praxis weiterzugeben und gewonnene Erkenntnisse in der Lehrerbildung zu integrieren. Zum einen sollen fruchtbare Unterrichtskonzepte, die sich den Herausforderungen unserer Zeit stellen, dokumentiert, kritisch reflektiert und publiziert werden, sowie in die Lehre und Konzeption des Studiums an der Hochschule einfließen. Zum anderen sollen aber auch neue Unterrichtskonzepte entwickelt und in der Praxis evaluiert werden. Dabei stehen wir in regelmäßigem Austausch mit anderen Wissenschaftlern, wie beispielsweise Paula Bleckmann, die das Forschungsprojekt »Medienerziehung an reformpädagogischen Bildungseinrichtungen« leitet.

Für unser Projekt suchen wir Lehrkräfte und vor allem Klassenlehrer sowie Fachlehrer der Unter- und Mittelstufe, die zusammen mit uns in diesem Projekt aktiv mitwirken wollen.

Kontakt: zdrazil@freie-hochschule-stuttgart.de