Waldorfpädagogik in Litauen

Peter Lang

Litauen ist es ein kleines Land an der Ostsee, viele Volksgruppen mit ihren jeweiligen kulturellen und religiösen Eigenheiten haben es geprägt. Im 20. Jahrhundert wurde Litauen zum Spielball der damaligen Großmächte Sowjetunion auf der einen und Nazi-Deutschland auf der anderen Seite. Zehntausende Menschen verloren dabei ihr Leben; nur ganz wenige litauische Juden überlebten die deutsche Okkupation und nach dem Ende des 2. Weltkriegs verschwanden zehntausende Litauer in den sowjetischen Straflagern der Stalinzeit.

Der letzte Versuch, Litauen, das 1990 seine Unabhängigkeit von der damaligen Sowjetunion proklamiert hatte, wieder in die sowjetische Machtsphäre zu zwingen, fand am 13. Januar 1991, dem sogenannten Blutsonntag statt. Der sowjetische Präsident Gorbatschow war kurzzeitig verhaftet worden und sowjetische Truppen besetzten die großen Städte. Es kam zu heftigen Kämpfen, die Litauer wehrten sich, viele Menschen verloren dabei ihr Leben. Zum Glück war nach kurzer Zeit dieses letzte, traurige Kapitel beendet. Seit 2004 ist Litauen, ein Land mit etwas mehr als drei Millionen Einwohnern, eine parlamentarische Demokratie und Mitglied der Europäischen Union.

1996 wurde in Litauen die erste Waldorfgruppe innerhalb eines staatlichen Kindergartens eröffnet. Sehr bald begann man mit dem Übersetzen von waldorfpädagogischer Literatur. Ein litauischer Waldorf-Bildungs-Verein wurde gegründet, der 2004 die Anerkennung der Waldorfpädagogik in Litauen vom Ministerium für Bildung und Wissenschaft erlangte. Litauische Pädagogen reisten in andere europäische Länder, hospitierten in Waldorfkindergärten und Waldorfschulen. Waldorfpädagogen aus Skandinavien, Österreich, Polen, Deutschland veranstalteten Fortbildungsseminare. 1999 wurde der Waldorfkindergarten »Saltinelis« in Kaunas Mitglied in der Internationalen Vereinigung der Waldorfkindergärten e.V.

Eine intensive Fortbildungsaktivität begann in Kooperation zwischen Dozenten aus Baden-Württemberg, dem Kollegium des Saltinelis-Kindergartens und dem »Kaunas-College«, einer staatlichen Ausbildungseinrichtung. Zur Zeit sind es 51 Seminaristen aus sieben Städten des Landes, darunter auch einige Studenten des »Kaunas-College«, die an den fünfsemestrigen, waldorfpädagogischen Fortbildungen teilnehmen. Heute gibt es bereits 36 Waldorfkindergartengruppen in verschiedenen Städten des Landes mit mehr als 1.000 Kindern.

Zum Autor: Peter Lang ist Dozent für Pädagogik, Psychologie und Waldorfpädagogik und Vorstandsmitglied der Vereinigung der Waldorf-Kindertageseinrichtungen Baden-Württemberg e.V.