Was Eltern an Waldorfschulen über Inklusion denken – Ergebnisse der WEiDE-Studie

Steffen Koolmann, Bernhard Schmalenbach

Es geht um die Bedingungen, unter denen sie gelingen kann, um die nötigen Ressourcen sowie die Frage nach ihren etwaigen Grenzen und dem Fortbestand von Förderschulen.

Akteure im Feld, wie auch Forscher, stimmen darin überein, dass die Einstellung und Haltung der Eltern für das Gelingen inklusiver Pädagogik von großer Bedeutung ist – und dies umso mehr, wenn es sich um Schulen handelt, die in hohem Maße von Eltern getragen und mitgestaltet werden.

Im Rahmen einer vom Bund der Freien Waldorfschulen in Auftrag gegebenen repräsentativen Studie des Institutes für Bildungsökonomie an der Alanus-Hochschule Alfter (siehe erziehungskunst 10/2015) wurden in Kooperation mit dem Institut für Heilpädagogik und Sozialtherapie auch Einstellungen zur Inklusion erhoben. Steffen Koolmann, Lars Petersen und Petra Ehrler vom Institut für Bildungsökonomie an der Alanus Hochschule planten und führten die Studie durch. Es wurden Eltern befragt, wie sie grundsätzlich zur Inklusion stehen und ob sich ihre Schule in Richtung Inklusion entwickeln solle. Weiterführende Fragen betrafen die Folgen für das Miteinander und das Lernen sowie die Einschätzung verschiedener Förderschwerpunkte. Ein großer Anteil der Antwortenden (45 Prozent) hat Erfahrung mit inklusivem Unterricht. Dazu zählen Erfahrungen im Rahmen einer pädagogischen oder einer anderen Tätigkeit (22 Prozent), Erfahrungen mit dem eigenen Kind in einer inklusiven Klasse (10 Prozent ) oder indirekt im Verwandten- und Bekanntenkreis (18 Prozent). Ob Eltern über Erfahrungen mit schulischer Inklusion verfügen, sagt jedoch noch nichts darüber aus, welche Einstellung sie zu dieser Frage haben.

Fragt man die Eltern nach ihrer grundsätzlichen Einstellung, so ergibt sich ein tendenziell positives Bild, auch im Vergleich mit ähnlichen Studien an anderen Schulen. So befürwortet die Hälfte die Inklusion (51 Prozent), während 12 Prozent sie ablehnen. Beachtung verdient die Tatsache, dass ein Drittel der Eltern (33 Prozent) ihre Einstellung als neutral bezeichnen, ein Ergebnis, das interpretationsbedürftig ist und in der weiteren Auswertung der Studie näher beleuchtet werden wird.

Mehr Inklusion an meiner Waldorfschule?

Dieses Bild verschiebt sich etwas, wenn man die Antworten der Eltern zu der weiteren Entwicklung ihrer eigenen Waldorfschule betrachtet. Insgesamt ist die Mehrheit der Eltern (55 Prozent) der Ansicht, dass sich die Waldorfschule der eigenen Kinder stärker in Richtung Inklusion entwickeln sollte. Doch ein ebenfalls substantieller Anteil sieht dies anders: 44 Prozent der Eltern stimmen diesem Ziel nicht zu.

Inklusion ja bitte – wenn die Voraussetzungen stimmen

Hinsichtlich des Lernens bei unterschiedlichen Lernvoraussetzungen erweisen sich die Einstellungen der Eltern als optimistisch: Grundsätzlich meinen mehr als zwei Drittel von ihnen, dass auch Kinder mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen gemeinsam in optimaler Weise lernen können. Für die Persönlichkeitsentwicklung des einzelnen Kindes, für das soziale Lernen von allen und für die Fähigkeit, individuelle Unterschiede zu akzeptieren, erachten die Eltern das Lernen in heterogenen Gruppen als eine wertvolle Erfahrung – hiervon sind sogar mehr als vier Fünftel überzeugt.

Auf der anderen Seite haben aber zugleich 33 Prozent der Eltern den Eindruck, dass schulische Inklusion den Lernfortschritt der Kinder ohne Förderbedarf belastet. Eine tiefere Analyse zeigt dann, dass Eltern ihre Ansichten zur Inklusion auch auf das Vorliegen unterschiedlicher Förderschwerpunkte hin differenzieren.

Die kritische Einflussgröße für ihre Haltung zur Inklusion auch in ihrer praktischen Umsetzung berührt jedoch weniger grundsätzliche Fragen. Entscheidend für das Gelingen der Inklusion erscheint den Eltern, welche Ressourcen zur Verfügung stehen: Denn sofern die nötigen persönlichen und sachlichen Mittel zur Verfügung stehen, sind 92 Prozent Eltern der Ansicht, dass der Unterricht auf die unterschiedlichen Lernbedürfnisse abgestimmt werden kann.