Das Buch »Schulflucht« schildert die abenteuerliche Reise einer Schülerin, die sie ohne Schulbesuch zum Realschulabschluss führt. In dem autobiographischen Roman erzählt Liv Haym aus der Sicht der erziehenden Mutter die Umstände der Schulflucht. Liv Haym, Musikerin und Lyrikerin, gibt ihrer Tochter Klara Rückendeckung auf diesem für beide oft beschwerlichen Weg. Sehr detailliert beschreibt sie die Gründe, die zu dieser Entscheidung geführt haben: Unfähige Lehrer und Schikanen der Mitschüler.
Wie die meisten Grundschüler geht auch Klara gern zur Schule. Doch die Lehrerinnen sind überfordert und schikanieren sie, bis sie zum Außenseiter wird. Lange Phasen der Schulabwesenheit helfen ihr, die Situation auszuhalten. Erst der Umzug in eine andere Stadt bringt zunächst eine Verbesserung. Eine neue Schule, eine neue Lehrerin sind dieses eine Mal die Rettung und Klara blüht auf. Aber bereits der Schritt auf die weiterführende Schule wird zur Katastrophe. Da Klara viel zu Hause lernt und liest, gerne diskutiert und fragt, ist sie bald die einzige Schülerin im Unterricht, die sich beteiligt. Die Lehrer jedoch bitten die hochbegabte Schülerin, sich nicht mehr zu melden, in der Hoffnung, dass die Mitschüler wieder einsteigen. Aber der Schuss geht nach hinten los … In Deutschland gilt die Schulanwesenheitspflicht für alle Schüler (die Schulpflicht, also die Pflicht, Kinder einer Schulbildung teilhaftig werden zu lassen, soll hier ja nicht bestritten werden). Wer nicht zur Schule geht, macht sich strafbar. Klara muss daher in die Illegalität abtauchen. Das Studium als Jungstudentin an der Musikhochschule im Fach Klavier hilft ihr darüber hinweg.
Neben diesem spannenden Lebenslauf erfährt man viel darüber, was man tun kann, wenn man sein Kind nicht auf eine Regelschule schicken möchte. Die Motivation ist eindeutig: Kinder brauchen Freiräume zum kreativen Lernen. Haym befürwortet den freien Unterricht, das »Homeschooling«, in dem die Kinder nach ihren Interessen zu Hause unterrichtet werden. In anderen Ländern, etwa in Kanada, den USA und im europäischen Ausland ist das Unterrichten zu Hause ohne Strafe erlaubt. Das deutsche Bildungssystem wird von der UNO als bildungsfern und menschenfeindlich kritisiert. Ein solches Bildungssystem verletze die Menschenrechte. Auch im Inland gibt es Proteste gegen die Schulpflicht, aber bis jetzt wurde keinem Antrag auf Schulbefreiung stattgegeben. Nach wie vor wird die Verweigerung des Schulbesuchs strafrechtlich verfolgt, bis zur Gefängnisstrafe für die Eltern. Das Gesetz zur Schulanwesenheitspflicht stammt aus dem Jahr 1938, aus der Nazizeit, und diente dazu, Andersdenkende zu unterdrücken.
Liv Haym: Schulflucht, geb., 317 S., EUR 29,80, Drachenverlag, Klein Jasedow 2012