Wie man sein Studium auch finanzieren kann

Malte Kullak-Ublick

Erziehungskunst | Was ist die Idee der Studierendengesellschaft (SG)?

Malte Kullak-Ublick | Die Vereinbarkeit von Studiengebühren und freiheitlichen, sozialverträglichen Studienbedingungen. Konkret geht es um »drei Freiheiten«: Die Freiheit des Zugangs zum Studium wird gewährleistet, da sich jeder unabhängig von der finanziellen Situation seiner Eltern das Studium leisten kann. Die Freiheit der Gestaltung des Studiums ist durch die vollständige Entkopplung der Beitragshöhe von der Dauer des Studiums garantiert. Die Freiheit der Berufswahl wird ermöglicht, da die Absolventen nicht vor einem fixen Schuldenberg stehen, sondern der Beitrag sich an der Höhe ihres Einkommens bemisst – so kann man auch in den Non-Profit-Bereich gehen oder einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen.

EK | Das Modell der SG nennt sich »umgekehrter Generationenvertrag«. Wie funktioniert er?

MKU | Der Grundgedanke ist einfach: Durch die einkommensabhängige Späterzahlung nach dem Studium ermöglichen die Alten den Jungen das Studium. Wer sich für den umgekehrten Generationenvertrag entscheidet, zahlt nach Abschluss seines Studiums zum Beispiel über zehn Jahre hinweg zehn Prozent seines Einkommens. Wer viel verdient, leistet einen höheren Beitrag, wer wenig verdient, leistet weniger oder sogar nichts. Eine Gehaltsunter- und -obergrenze gewährleistet einen zusätzlichen Schutz der Rückzahler.

EK | In welchem Verhältnis steht die SG zur Universität?

MKU | Als eingetragener Verein ist die SG rechtlich unabhängig. Zur Uni, an der die SG auch Geschäftsanteile hält, pflegt sie ein partnerschaftliches Verhältnis. Die Studienbeiträge werden im Einvernehmen zwischen Uni und SG festgelegt. Im Unterschied zur Gebühr orientieren sie sich nicht an einer in Anspruch genommenen Leistung, sondern an der zukünftigen finanziellen Leistungsfähigkeit und der persönlichen Wertschätzung der Studierenden für ihre Uni.

EK | Wie refinanziert sie sich?

MKU | Die SG finanziert sich über eine Bank und über die Rückflüsse der Späterzahler. Eine Fremdfinanzierung ist nur solange nötig, als die Rückflüsse aus bestehenden Verträgen nicht die Abflüsse für die Beiträge der Studierenden decken.

EK | Alumni der Uni Witten/Herdecke verdienen in der Regel überdurchschnittlich viel. Unter welchen Voraussetzungen könnte die SG auch für die Ausbildung von Waldorf­lehrern funktionieren?

MKU | Das Grundmodell lässt sich flexibel ausgestalten. Das ist eine Frage der Kreativität: Könnten nicht die Schulen als künftige Arbeitgeber Zahlungen für ihre frisch von Waldorflehrerausbildungen kommenden neuen Kollegen ganz oder teilweise übernehmen? Vorteil: Schulen mit vielen gut ausgebildeten Waldorflehrern tragen so auch mehr zur Finanzierung der Ausbildung bei. Umgekehrt könnten Schulen mit weniger Absolventen dann stärker in regionale berufsbegleitende Ausbildungen für ihre Kollegen investieren.