In Bewegung

Wie Software Schulen helfen kann

Daniela von Pfulstein
Daniela von Pfuhlstein
Bild: © Angelika Lonnemann

TK-Schulsoftware

Eine Waldorf-native Software ist die TK-Schulsoftware mit Sitz in Stuttgart: Die Verantwortlichen dieses Unternehmens waren selbst Waldorfschüler:innen, -lehrkräfte oder in der Verwaltung tätig. Zudem beteiligen sich einige Waldorfschulen finanziell an der Entwicklung der Software, damit diese ihren Bedürfnissen entspricht, wie etwa bei der Deputats- und Epochenplanung. Aktuell läuft ein Projekt zur Vernetzung der südwestlichen Waldorfschulen, wofür das Land Baden-Württemberg Fördergelder genehmigt hat. Dabei entsteht eine Bildungsplattform zur Verknüpfung auf Landesebene. Langfristig wird hierdurch überregionaler Onlineunterricht möglich sein. Die TK-Schul-software ist bei etwa achtzig Prozent der bundesdeutschen Waldorfschulen im Einsatz.

Angeboten werden drei Produkte, die als Komplettlösung für alle Aufgaben der pädagogischen Verwaltung und Kommunikation eingesetzt werden können. Eine den Anforderungen entsprechende Individualisierung ist dem Unternehmen sehr wichtig. Beschreibende Zeugnisse mit individuellem Design lassen sich mithilfe des Zeugnismoduls erstellen, der gesamte Planungsprozess von Deputaten über Stundenpläne bis hin zu Epochenplänen kann mit dem entsprechenden Modul geplant werden. Die Bildungsplattform vereint die Kommunikation per E-Mail, Videokonferenzen und Messenger sowie den Austausch von Materialien.

Mit Produkten von TK-Schulsoftware plant zum Beispiel die Freie Waldorfschule Augsburg bereits seit 2016 Deputate und Stundenpläne. Nach Beginn des Lockdowns 2020 war die Schule innerhalb von zwei Wochen vollkommen digitalisiert. Die komplette TK-Bildungsplattform wurde installiert und so konnte überall auf digitalen Unterricht umgestellt werden. Thimo Kolonko, Mitglied des Vorstands, erklärt, dass die technische Infrastruktur vorhanden und auf dem Stand der Zeit war, sodass die Anbindung der Hardware einfach war und die Installation der Bildungsplattform, die viele Applikationen aus einem Guss bietet, schnell vonstatten ging und der Datenimport problemlos machbar war. «Die Digitalisierung wurde von allen Beteiligten gut angenommen, eine anfängliche Skepsis löste sich schnell auf und die Einarbeitung in die Software war einfach», so Kolonko.

Die Ausnahmesituation der Pandemie ist inzwischen vorbei, doch die technischen Tools werden, der vielen Vorteile wegen, in Augsburg weiterhin genutzt. Beispielsweise werden neue Schüler:innen in die Datenbank aufgenommen und sind dann in allen technischen Applikationen abgebildet. Kolonko berichtet begeistert: «Das ist ein super Workflow, es funktioniert wunderbar.» Auch der wöchentliche Speiseplan ist durch eine Schnittstelle zu der App MensaMax auf der Webseite abrufbar. Die Kommunikation zwischen den beteiligten Gruppen hat sich auf den integrierten Messenger Threema. Work verlagert, sodass sich die Anzahl der WhatsApp-Gruppen an der Schule deutlich verringert hat.

Insbesondere die Schüler:innen hätten darauf gewartet, dass ein solcher Schritt gegangen wird. Kolonko sagt, «sie haben das Bedürfnis, dass die Schule in ihrer Welt ankommt». Mithilfe der Bildungsplattform gelingt es «das, was den Jugendlichen außen begegnet, ins schulische Umfeld zu bringen». Ab der siebten Klasse setzt die Schule die Bildungsplattform aktiv ein. Diese ersetzt selbstverständlich nicht den Unterricht. Die Pädagog:innen sorgen trotz der Technik für lebendigen Unterricht. Kolonko ermutigt andere Schulen, die Bildungsplattform zu nutzen. Die Erfahrung zeigt, dass dies «mit begrenzten Budgetmitteln gut realisierbar ist, und das Tool wunderbar auf unsere Bedürfnisse skaliert werden kann».

EduPage

Die Schulsoftware, die in etwa fünfzig Prozent der Waldorfschulen genutzt wird, kommt aus dem Hause des Bildungsverlags Raabe, ebenfalls mit Sitz in Stuttgart. Kurz nach der Jahrtausendwende begannen viele Schulen mit Hilfe von aSc Stundenplan die Unterrichtsplanung zu machen. Für das in der Slowakei entwickelte Produkt hat der Raabe Verlag das Vertriebsrecht für den gesamten deutschsprachigen Raum inne.

EduPage bietet drei verschiedene Produktpakete an. Das Basisprogramm umfasst die Stunden- und Vertretungsplanung, wohingegen die Maxiversion Verwaltung und Kommunikation einer Schule fast vollständig integriert.

Die Freie Waldorfschule Wöhrden setzt EduPage seit über zehn Jahren ein. Anfangs nur in geringem Umfang, seit dem Schuljahr 2017/18 komplett. Überall im Schulgebäude ist WLAN verfügbar. Die Lehrkräfte betreten das Klassenzimmer, mit einem iPad ausgestattet, sodass sie alle verwaltungsrelevanten Tätigkeiten immer sofort erledigen, beispielsweise die Abwesenheiten ins Klassenbuch einzutragen. Auch alle anderen relevanten Informationen und Termine sind durchweg für alle Beteilgten sichtbar, egal, ob es sich um Hausaufgaben oder Elterngespräche handelt. Die Erfahrung an der Schule zeigt, dass dies die Arbeit der Vertretungsplaner:innen enorm erleichtert.

Der Schulleiter Hans-Georg Teichert war für die Einführung der Schulsoftware verantwortlich. Ihm waren vor allem die Tools für die Kommunikation, wie EduPage sie bietet, wichtig. Sie findet zwischen allen Beteiligten über die Plattform statt. E-Mail-Listen oder die Nutzung von Messengerdiensten (wie etwa WhatsApp, Signal, Threema) sind obsolet. Entsprechend einer Entscheidung der Schulgemeinschaft haben alle Schüler:innen ab der neunten Klasse ihr eigenes Konto, davor haben sie Zugang über das Konto ihrer Eltern.

Die Erfahrung der Freien Waldorfschule Wöhrden ist durchweg positiv. Selbst anfängliche Skeptiker:innen sind inzwischen von dem Einsatz der Software überzeugt. Die Zustimmung für das Gesamtpaket ist wesentlich größer, als es Teichert je zu hoffen wagte. Die Entlastung der Verwaltung ist so enorm, dass er allen rät: «Einarbeiten in dieses System – es ist ein Riesenvorteil!»

IServ

Etwa dreißig Waldorfschulen nutzen die in Deutschland führende Schulplattform, die aus einem Schüler:innenprojekt im Jahr 2000 entstand. Das Unternehmen bietet eine Gesamtlösung mit über 35 Modulen, die Kommunikation, Organisation und Unterricht an sich ermöglichen. Jede Schule wählt die Funktionen des Programms ihrem Bedarf entsprechend aus und kann Schnittstellen zu anderen Applikationen schaffen. Das kostenlose Basispaket enthält einen Messenger, Videokonferenzen und die Funktion Aufgaben (für Hausaufgaben und Facharbeiten).

Die Freie Waldorfschule Landsberg hat IServ seit rund zwei Jahren in Betrieb. Die Motivation war die Suche nach einer Kommunikationsplattform und nach einer Lösung zur Gerätesteuerung. Die Landsberger Lehrerin Karoline Kopp, Medienpädagogin und Systemadministratorin erklärt, «diese Lösung bietet uns nicht nur eine Schulplattform zur Kommunikation, Kollaboration und zum Dateiaustausch mit den Schüler:innen und Eltern, sondern auch die Möglichkeit der Verwaltung aller Geräte im Schulnetzwerk. Über das Modul Gerätesteuerung ist es beispielsweise möglich, die Schüler:innen-PCs in unserem Medienraum zu steuern und mit Software zu bespielen.» Die Schule nutzt etliche Module, wie die Videokonferenzen, News, Aufgaben, Messenger, Umfragen und Schnellumfragen, Texte und Office sowie Stundenplan und die interne Cloud namens Wolke. Demnächst soll auch noch das Elternmodul eingeführt werden. Kopp weist auf die vielen Funktionen zu einem vergleichsweise moderaten Preis hin und lobt den Service der Firma: «Bei jedem  kleinen oder großen Problem helfen die IServ-Mitarbeiter:innen sofort weiter».

its learning

Dieses Lernmanagementsystem wurde bereits 1999 in Norwegen eingeführt und gilt mit seinem umfassenden Angebot, welches auch den Rahmenlehrplan einbinden kann, als Europas größter Anbieter. In Bremen wird das System landesweit an allen öffentlichen Schulen und zwei Waldorfschulen eingesetzt. In Berlin und Niedersachsen nutzt jeweils eine Waldorfschule diese Plattform.

Die Freie Waldorfschule Bremen Touler Straße setzt its learning ein, welches in den Osterferien 2020 installiert wurde, da es während des Lockdowns anders nicht möglich schien, die Schüler:innen mit Material zu versorgen und zu kontrollieren, wer seine Aufgaben einreichte. Die Schule entschied sich unter anderem für its learning, weil es lokale Fortbildungs- und Vernetzungsmöglichkeiten bietet. Wenn Schüler:innen und Lehrkräfte von staatlichen Schulen auf die Bremer Waldorfschule wechseln, sind sie mit der Plattform vertraut. Die Digitalisierungsverantwortliche Jutta Schmidt berichtet, «nachdem wir die Lernplattform eingerichtet hatten, konnten wir digitale Endgeräte für die Schule anschaffen, finanziert über den staatlichen Digitalpakt. Inzwischen sind alle Lehrkräfte und die Schüler:innen ab der neunten Klasse mit Google Chromebooks versorgt. Weitere Klassensätze von Laptops und iPads stehen ebenfalls zur Verfügung. Während das Chromebook für die Arbeit zu Hause gedacht ist, bleiben die Klassensätze in der Schule». Alle Beteiligten haben Zugang, das System wird intensiv genutzt, für den Unterricht ab der Mittelstufe, für Kommunikation sowie Organisation und sogar als digitales Lehrer:innenzimmer. Schmidt ist sich sicher, dass die Digitalisierung ihrer Schule weiter fortschreiten wird und sagt rückblickend: «Ohne die Pandemie, die uns zur Digitalisierung gezwungen hat, wären wir aber heute noch längst nicht so weit.»

schul.cloud

2006 gegründet, wird dieses System durch heinekingmedia vertrieben. schul.cloud ist ein kollaborativer Messenger mit Dateiablage für Lehrkräfte und Schüler:innen. Die Oberfläche ist in Aussehen und Funktionalität WhatsApp sehr ähnlich und in der Basisversion kostenlos. Weitere Module können hinzugefügt werden, sodass mithilfe der Plattform sehr umfangreich gearbeitet werden kann. Beispielsweise Videokonferenzen, ein Umfrage-Tool, welches mit dem eingebundenen Kalender synchronisiert sowie ein digitales Schwarzes Brett.

Diese Plattform ist bei einigen Waldorfschulen im Einsatz. An der Freien Waldorfschule Esslingen seit 2020, da während des Corona-Lockdowns der Bedarf an Kommunikation zwischen allen Beteiligten gedeckt werden musste. Innerhalb von vier Wochen waren das komplette Kollegium, alle Eltern und die Oberstufe mittels schul.cloud vernetzt. Dieser schnelle Einstieg wurde von allen sehr gut angenommen. Die Schule folgte bei der Entscheidung für diese Plattform dem Rat einer externen IT-Firma, die die Schule schon länger berät und die allen Lehrkräften Schullaptops bereitstellt. Inzwischen nutzt die Schule das System für die gesamte Kommunikation, sowohl für direkte Nachrichten als auch Gruppenkommunikation. So sind anderthalb Jahre nach der Einführung die bisher nötigen E-Mail-Verteiler gelöscht worden. Auch die Schulköchin stellt beispielsweise den wöchentlichen Speiseplan in der schul.cloud ein. Die im Vorstand tätige Klassenlehrerin Julia König empfindet das System als eine sehr große Entlastung, da der Austausch zwischen Eltern und Fachlehrkräften direkt läuft, Terminumfragen einfach und schnell erledigt sind und Rückmeldungen auf Anfragen an die Elternschaft innerhalb kurzer Zeit möglich sind. Sie sagt, die Selbstverwaltung sei durch das System leichter geworden. Der gemeinsam genutzte Kalender ermöglicht große Transparenz. Generell haben die Schüler:innen ihren eigenen Zugang ab der achten Klasse, im Bedarfsfall aber auch schon früher. Die Schule hat eine Netiquette eingeführt, die fordert, dass alle Nutzer:innen ein Profilbild einstellen und einen freundlichen und höflichen Umgang miteinander pflegen. König betont, dass die Arbeit seit Einführung der Plattform viel einfacher und schneller erledigt werden könne – «es ist einfach super!».

Sdui

2015 als Schulprojekt gestartet, ist das Unternehmen eines der am schnellsten wachsenden Startups der deutschen Ed-Tech-Branche. Die Plattform bietet Tools für die Kommunikation und Organisation von Schulen. Die Messengerfunktion ist mit Sprachnachrichten, Anklopfen, Videokonferenzen und Umfragen sehr komplex. Zusätzlich enthält das Basispaket News, Stundenplan und eine Cloud. Optional buchbar ist zum Beispiel ein digitales Klassenbuch mit Krankmeldungen.

Etwa eine Handvoll Waldorfschulen nutzen dieses System, so auch die Michaeli Schule Köln. Auf der Suche nach einer Applikation, die Onlineunterricht ermöglicht, wurde die Schule auf Sdui aufmerksam und wollte dieses Startup unterstützen. Da die Funktion der Videokonferenzen während des Lockdowns entgegen den Erwartungen nie funktionierte, wurde eine weitere Software eingerichtet. Allerdings wird der Messenger von Sdui viel genutzt, und zwar von allen an der Schule beteiligten. Die Schüler:innen haben ab der Mittelstufe ihren eigenen Zugang. Sdui ist die Kommunikationsplattform der Schule, über die Einzel- und Gruppenkommunikation stattfindet, auch die gesamte Schulgemeinschaft betreffend. Die Organisation und Verwaltung der Schule ist dadurch einfacher und transparenter geworden. Zwei Punkte kritisiert die Schule an Sdui: Die Cloud ist unübersichtlich und selbst dem Administrator des Systems ist es nicht möglich zu sehen, welche Gruppen innerhalb der Schule existieren.

Alle hier vorgestellten Schulplattformen sind cloudbasiert und datenschutzkonform. Insbesondere in Nordeuropa gibt es innovative Ansätze, die bisher noch nicht in Deutschland genutzt werden, wie etwa meebook aus Dänemark, welches von Lehrkräften entwickelt ist und Namfus aus Island, das sich auf die Anwendung bei reformpädagogischen Schulen spezialisiert hat.

Es fällt auf, dass alle Schulen von dem jeweils eingesetzten System begeistert sind und vielfach betonen, dass die Kommunikation und Organisation innerhalb der Schule deutlich verbessert und vereinfacht sind. Die Digitalisierung kam meist während des Lockdowns zustande. Obwohl die Schulen wieder analog im Normalbetrieb arbeiten, werden die eingesetzten Plattformen weiterhin intensiv genutzt und vielfach soll die IT weiter ausgebaut werden.

Kommentare

Es sind noch keine Kommentare vorhanden.

Kommentar hinzufügen

0 / 2000

Vielen Dank für Ihren Kommentar. Dieser wird nach Prüfung durch die Administrator:innen freigeschaltet.