Wirtschaften für Entwicklungshilfe

Michael Benner

»Steinbrücke« handelt gewerblich mit Mineralien. Die 27 Schüler aus der Oberstufe üben nach dem Prinzip »learning by doing«, mit unternehmerischen Herausforderungen umzugehen. Die Gewinne aus dem Verkauf der Rosenquarze aus Madagaskar gehen vollständig in das Herkunftsland für ein Straßenkinder-Projekt. Bei solchen Aktionen – unter anderem auch auf Messen – können Messebau, Werbung, Kundenansprache, Führungen und mehr geübt werden. So haben sie das Angebot, die große Sammlung »Das Turmalinzimmer« für die »Lange Nacht« auszuleihen und zu präsentieren, gerne angenommen.

Da alle Mitwirkenden ehrenamtlich arbeiten, ist die Gewinnspanne groß und ermöglicht bei einem Jahresumsatz von 13.000 bis 17.000 Euro einen Jahresgewinn von 6.000 bis 8.000 Euro. Mit dieser Summe lässt sich in Madagaskar, Afghanistan oder Ghana Einiges bewegen. So haben die Schüler ein Projekt zur Eröffnung von Schulen für Mädchen in Afghanistan oder den Kauf einer solarbetriebenen Wollwaschanlage für Alpakahirten in den Anden mit finanziert. Seit Gründung 1996 unterstützt »Steinbrücke« das Straßenkinderprojekt Zaza Faly in Madagaskar.

Zivildienst für Straßenkinder

Das mag Nepomuk Wahl nach vier Jahren bei der »Steinbrücke« motiviert haben, nach dem Abitur dem an Zaza Faly überwiesenen Geld hinterher zu reisen und seinen Zivildienst im Slum von Antananarivo zu absolvieren. Dort machte er mit den Straßenkindern Bewegungsspiele, kleine Olympiaden, Theaterprojekte, malte mit ihnen und unterrichtete sie. Doch zuvor musste der Hunger gestillt und für einfachste Hygiene gesorgt werden. Die meisten Kinder haben juckende Hautkrankheiten; regelmäßiges Duschen und Heilsalbe helfen. Klingt einfach, ist es aber nicht. Schnell ist ein neues Kind mit der Seife verschwunden, denn die kann man verhökern. Auch die Kleiderspenden, die aus Europa eintreffen, machen das deutlich. Da kommt einer der kleineren Jungen, der das Glück gehabt hat, eine Jeans zu ergattern, eines Tages blutend ins Projekt zurück. Ältere haben ihn aus der Jeans herausgeprügelt. Nun ist man schlauer und Nepomuk setzt sich auch bei den Ausbildungsprojekten für die Jugendlichen ein.

Für Nepomuk war der Zivildienst finanziell zwar ein Zuschussgeschäft, aber die Erfahrungen waren unbezahlbar. Und für »Steinbrücke« sind sie es auch, denn nun haben die Schüler einen Einblick aus erster Hand. Sie wissen, dass sich die Schufterei lohnt, wenn im Herbst die vielen Bazare und ein Zehnstundentag anstehen.

Dann ist es gut, von Nepomuk zu hören, dass mit dem erwirtschafteten Gewinn 150.000 Mahlzeiten in den letzten zehn Jahren finanziert werden konnten. Nepomuks Bericht wirkte ansteckend: Mittlerweile ist der vierte »Steinbrücke-Mitarbeiter« in Afrika tätig. Nepomuk studiert mittlerweile Agrarwissenschaft und hat sich unter anderem mit nachhaltiger Landnutzung und der Energiepflanze Jatropha befasst. Zur Zeit treibt ihn das Thema Mikrokredite um. Man ahnt, dass sein Aufenthalt bei Zaza Faly mitverantwortlich ist für die Fragestellungen, die ihn durchs Studium begleiten. Hier zeichnet sich ein interessanter Bildungslebenslauf ab, den wir auch bei »Steinbrücke« mit Interesse verfolgen und der vielleicht weitere Schüler begeistert, sich in die Verantwortung für die »Eine Welt« zu stürzen, die wir haben.

Links: www.steinbruecke.de; www.zaza-faly.de

In der gedruckten Ausgabe der Erziehungskunst April 2010 finden Sie das Interview »Ich überwinde die Ohnmacht« mit Schülern, die bei Steinbrücke mitarbeiten.