Mobilfunkstrahlung und WLAN. Erfahrungen, Fragen, Therapien

Michaela Glöckler

Da ich seit 40 Jahren viel auf Reisen bin, konnte ich auch da beobachten, wie sich in den letzten 30 Jahren in den öffentlichen Verkehrsmitteln die Menschen zunehmend erschöpft zeigen und schlafen. Müdigkeit ist eine unspezifische Symptomatik, die anzeigt, dass die regenerativen Möglichkeiten des Körpers erschöpft sind. So ist auch die sogenannte »Abgeschlagenheit« und leichte Ermüdbarkeit ein typisches Frühwarn-, aber auch Begleitsymptom vieler Krankheiten, wie zum Beispiel auch bei Krebs.

Nicht wenige Menschen verdrängen die Frage, ob Mobilfunkstrahlung sie krank machen könnte. Sarah Drießen, Leiterin eines Informationsportals zur Wirkung elektro­- magnetischer Strahlen am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umwelt-Medizin der RWTH Aachen, äußerte in einem Interview, dass man dazu noch nichts Abschließendes sagen könne. Die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation hat die hochfrequenten Felder, zu denen auch der Mobilfunk gehört, nur als möglicherweise krebserregend eingestuft. Zwei aktuelle Studien aus den USA und aus Italien erhärten allerdings den Verdacht, hochfrequente Felder könnten krebserregend sein (Bergt 2019). Auch gibt es inzwischen Tausende von Studien dieser Art und die Menschen fragen sich zu Recht: Warum konnten sie nicht besser koordiniert werden, sodass Vergleichbarkeit und Aussagekraft überzeugen? Wieso gibt es immer noch keine klare Expertenmeinung dazu? Wie kommt es, dass man die Wirkung hochfrequenter Felder auf biologische Systeme nicht gezielt und systematisch erforscht und valide Ergebnisse fordert, bevor man diese Strahlungen flächendeckend der gesamten Menschheit zumutet? Eine Vorgehensweise, die sich jetzt bei 5G global wiederholt, ungeachtet der Tatsache, dass inzwischen viele Experten vor den gesundheitlichen Folgen warnen. Der wissenschaftliche Beirat der deutschen Regierung bemerkt in einer Stellungnahme, dass die Regelungen zu möglichen Auswirkungen auf Mensch und Ökosysteme nur national und »nacheilend« erfolgen – nicht jedoch global und mögliche Risiken und Gefahren vorausschauend.

Was für ein Massenexperiment läuft hier vor unseren Augen und mit uns als Probanden seit Jahrzehnten ab? Wer lenkt diesen globalen Prozess? Warum muss es so schnell gehen? Warum beherrscht uns die IT-Branche mit dem Dogma, wir würden den Anschluss an die »schöne neue Welt« der Digitalisierung verpassen? Könnte man nicht wenigstens jetzt, wie es in der Medizin üblich ist, vergleichende Untersuchungen anstellen und zumindest große Landstriche im 4G-Status belassen und dann zum Beispiel nach sieben Jahren die Vor- und Nachteile klarer darstellen, so dass die Bevölkerung mitentscheiden kann, was mit ihr geschieht? Wird hier nicht in ähnlicher Weise die Wahlmöglichkeit unterbunden, wie dies bezüglich der Digitalisierung öffentlicher Kindergärten und Grundschulen bereits im Gange ist? Was nützt die sogenannte Wahlfreiheit, wenn die Möglichkeit schwindet, in einer so wichtigen Frage frei wählen oder mitbestimmen zu können? Ich möchte an dieser Stelle eindringlich bitten, dass die Leserinnen und Leser dieses Beitrags die »Bürgerbewegung für humane Bildung« mit ihrer Unterschrift unterstützen. Der Zivilgesellschaft kommt eine zunehmend wichtige Rolle in der Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse zu (www.eliant.eu).

Leben und Elektrizität – medizinische und anthroposophische Aspekte

Im sogenannten Lichtkurs (GA 320) schildert Rudolf Steiner, wie der Entwicklung des menschlichen physischen Leibes der Wärmezustand der Materie zu Grunde liegt. Entsprechend wäre dies beim Ätherleib der Lichtzustand. Der zusammen mit dem Licht in Erscheinung tretende materielle Verdichtungsvorgang zum Gaszustand der Materie, d.h. auch zur Luft, ist im Zusammenwirken mit Licht von Elektrizität durchsetzt. Denn setzt sich – was Goethe so interessierte – das Licht mit Luft und Trübe, d.h. mit der Materie, auseinander, dann treten nicht nur optisch interessante Phänomene auf, sondern auch elektromagnetische, wie z.B. der Blitz. Steiner nannte die Elektrizität auch einmal »zerfallendes« Licht (GA 130). Hat man dies im Hintergrund, so wundert es einen nicht, dass alles Leben auf der Erde mit elektrochemischen und elektromechanischen Prozessen und Phänomenen einher geht. Alle lebenden Systeme, ja jede einzelne Zelle von Pflanze, Tier und Mensch zeigen dies. So wie man Gehirn (EEG), Herz (EKG) und Muskeln (EMG) untersucht, indem man die durch ihre Lebenstätigkeit erzeugten elektrischen Spannungszustände als Integral an der Körperoberfläche misst und abliest, so kann man auch bei jeder einzelnen Zelle die jeweiligen Ruhe- und Aktivitätspotenziale untersuchen und darstellen. Umso erstaunlicher ist es, dass der Mensch im Gegensatz zu bestimmten Tierarten, insbesondere Fischen, keine Sinnesorgane für elektrische Impulse und Spannungszustände hat. Er kann nur die Effekte der Elektrizität beobachten, nicht jedoch diese selbst, weswegen Steiner sie auch »unterphysisch« nennt.

Es gibt jedoch – das hat die Entwicklung der letzten 30 Jahre gezeigt – eine zunehmende Anzahl elektrosensibler Menschen. Sie erleben die Wirkungen der elektromagnetischen Wellen auf dem Umweg über ihre Befindlichkeit. Steigert sich die Elektrosensibilität derart, dass sie der Behandlung bedarf, sprechen wir von dem inzwischen durch die WHO anerkannten Krankheitsbild der Elektrohypersensitivität (EHS). Die Betroffenen klagen über Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Schlaf- und Konzentrationsstörungen oder auch Hautausschläge. Diese Symptome treten oftmals schon bei Feldstärken auf, die weit unterhalb der von den Behörden festgelegten Grenzwerte liegen. Dass elektrischer Strom typischerweise im menschlichen Körper drei wesentliche Wirkungen hervorruft – thermische (Gewebe­erwärmung), chemische (z.B. Änderungen im Elektrolytmilieu der Zellen) und muskelreizende oder -lähmende – ist schon lange bekannt und wird auch, entsprechend sorgfältig dosiert, im Rahmen der Elektrotherapie angewendet. Das Krankheitsbild der Elektrohypersensitivität zeigt dagegen ein individuell ausgeprägtes, komplexes Zusammenspiel dieser möglichen Wirkungen, deren Symptomatik den betreffenden Menschen bis zur Berufsunfähigkeit belasten kann. Die Europäische Akademie für Umweltmedizin (EUROPAEM) hat dazu eine Leitlinie erstellt, die Ärzte und Patienten bezüglich Vorsorge, Diagnostik und Therapie orientiert. Einer der daran beteiligten Ärzte, Gerd Oberfeld, antwortete auf die Frage »Woher nehmen Sie den Optimismus, dass Ärzte die Leitlinie akzeptieren, wenn zuständige Ministerien [...] behaupten, es gäbe keine relevanten gesundheitlichen Auswirkungen durch elektromagnetische Felder, solange die bestehenden Grenzwerte nicht überschritten würden?« – »Ärzte sind es gewohnt, Entscheidungen auf Basis ihres Wissens und ihrer Erfahrungen zu treffen. Politische Meinungen und Dogmen können dieses Prinzip zwar stören, aber nicht umstoßen« (Diagnose Funk).

Entsprechendes gilt für die anthroposophisch-menschenkundliche Betrachtungsweise, die zu den hilfreichen Leitlinie-Empfehlungen, wie man sich am besten vor den Strahlen schützen oder zumindest ihre Wirkdauer minimieren kann, noch zwei wesentliche Aspekte beiträgt.

1. Es besteht ein grundlegender Unterschied zwischen der oben genannten schwach- und niederfrequenten körpereigenen elektromagnetischen Aktivität, deren Träger der Ätherleib ist, und der technisch erzeugten elektromagnetischen Strahlung. Eine Mobilfunkübertragung basiert auf einer technisch perfekt erzeugten Schwingung, der kein Rhythmus eignet. Daher sind die abgestrahlten Frequenzen auch exakt identifizierbar. Demgegenüber sind die elektrochemischen Zellpotenziale und deren Integrale von anpassungsfähiger, rhythmischer Natur. Aus dieser Einsicht leiten sich auch die Empfehlungen für Kinder und Erwachsene zur Kompensation möglicher Schädigungen ab (Glöckler u.a. 2018). Diese Einsicht macht aber auch verständlich – ganz unabhängig davon, wie das Für und Wider bei den wissenschaftlichen Studien aussieht – dass eine Wirkung vorhanden sein muss – vor allem auf das elektrochemisch besonders aktive Nervensystem und auf in Entwicklung begriffene Zellsysteme in Kindheit und Jugend. Wenn technisch erzeugte elektromagnetische Wellen (dazu gehören natürlich auch Radio und Fernsehen als klassische Sendestationen) mit Lebewesen interagieren, so hat dies eine Wirkung, auch wenn man sie nicht punktuell hier und jetzt dingfest machen kann. Wer einmal Gelegenheit hatte, in Funklöchern zu wandern oder gar einige Nächte zu verbringen, merkt unmittelbar, wie die Schlafqualität besser ist und man sich selbst irgendwie »weniger angespannt« erlebt. Leider werden solche Regionen immer seltener, sodass es nicht mehr so einfach ist, diesbezüglich valide vergleichende Forschung zu betreiben.

2. Der Ätherleib des Menschen dient zum einen dem Wachstum und der Regeneration des Organismus, d.h. dem Erhalt der Lebensfunktionen. Zum anderen dient er dem Denken, das sich auf jene ätherischen Kräfte stützen kann, die der Organismus nicht mehr für seine Wachstumstätigkeit braucht. Wer sein Denken beobachtet, kann dessen außerkörperliche Lichtnatur unmittelbar erleben, wenn einem »ein Licht aufgeht« oder »etwas einleuchtet«. Die an die Elektrizität gebundene Lebenstätigkeit im physischen Organismus erleben wir hingegen nicht bewusst und hell, sondern dunkel-unbewusst. Rudolf Steiner führt aus, dass so, wie wir denkend im Licht leben, unser Wille – unbewusst – mit den elektromagnetischen Erscheinungen verbunden und verwandt ist: »Wie das Gefühl zwischen Vorstellung und Wille liegt, so die äußere Wärme der Natur zwischen Licht und Schall auf der einen Seite und Elektrizität und Magnetismus auf der anderen Seite« (GA 320, S. 137).

Diese beiden Gesichtspunkte können ebenfalls dadurch therapeutisch genutzt werden, dass man zum einen seinem Tageslauf so weit wie möglich äußerlich und innerlich-meditativ eine rhythmische Struktur gibt. Es stärkt dies den ätherischen Organismus als Ganzes. Sich aber zu verdeutlichen, wie wichtig ein gesundes Gefühlsleben für die Balance zwischen Denken und Wollen ist, ist das zweite. Weder hitzige Sympathie noch kalte Antipathie vermögen diese Balance herzustellen. Die Pflege von Dankbarkeit und das Üben einer Liebesfähigkeit, die Hingabe ist und nicht Aneignung, erzeugen demgegenüber eine heilsame zusätzliche Wärme, in der die Ich-Organisation ihre regulierende Integrationsfunktion im Organismus besser wahrnehmen kann. Darauf macht Steiner in seinem letzten Leitsatzbrief »Von der Natur zur Unternatur« aufmerksam, indem er sagt: »Der Mensch muss die Stärke, die innere Erkenntniskraft finden, um von Ahriman in der technischen Kultur nicht überwältigt zu werden. Die Unter-Natur muss als solche begriffen werden. Sie kann es nur, wenn der Mensch in der geistigen Erkenntnis mindestens gerade so weit hinauf steigt zur außerirdischen Über-Natur, wie er in der Technik in die Unter-Natur herunter gestiegen ist.«

Literatur: Diagose:media: Gesund aufwachsen in der digitalen Medienwelt, Stuttgart 2018, www.diagnose-media.org; S. Bergt: Parallel offene Fragen erforschen, in: die tageszeitung, 16. März 2019; R. Steiner: Geisteswissenschaftliche Impulse zur Entwickelung der Physik, GA 320, Dornach 2000; R. Steiner: Die Geheimwissenschaft im Umriß, GA 13, Dornach 1989. Hier wird ausführlich geschildert, wie die astralische Organisation im Zusammenhang mit der flüssig-wässrigen Materie tätig wird, während die menschliche Ich-Organisation sich erst im festen Erdelement manifestiert; R. Steiner: Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit, GA 130, Dornach 1995; R. Steiner: Anthroposophische Leitsätze, GA 26, Dornach 1982; Diagnose Funk: Ärzte Leitlinie zur Elektrohypersensitivität; M. Glöckler u.a.: Mobilfunk und Elektrosmog, in: M. Glöckler, W. Goebel & K. Michael: Kindersprechstunde, Stuttgart 2018.