12. Kasseler Jugendsymposion Juni 2015: Thema »Macht«

Die auf der Autonomie des Individuums basierende Zivilgesellschaft sieht sich zunehmend mit globalen Strukturen konfrontiert, die zum Verlust der regionalen kulturellen Identität, zu einer Entmachtung des Einzelnen zugunsten von kollektiver Sicherheit, zu die Makroökonomie begünstigenden Freihandelszonen, zu lobbyistischer Durchsetzung der Interessen multinationaler Konzerne, zur Etablierung von ökonomisch motivierten Bildungsstandards, sowie zur Begünstigung immenser Gewinnmöglichkeiten von Finanztransakteuren zu führen scheinen.

Als Machtphänomene werden hier u. a. die unzureichende demokratische Legitimation, das Vorenthalten von Informationen, mangelnde Transparenz, die für den Einzelnen kaum zu überblickende Komplexität, die Überwachung sowie die drohende Ausgrenzung vor allem der sozial schwächer gestellten Gruppen erlebt.

Die Zunahme populistischer und demokratiefeindlicher Protestbewegungen bzw. die auch in Europa zu beobachtende Zunahme von totalitären Politikstrukturen weist auf eine Krise der demokratischen Ordnung und ihrer rechtsstaatlichen, sozialen und zivilgesellschaftlichen Basis hin. Damit geht einher, dass Werte wie Meinungsvielfalt, Toleranz, Interkulturalität und Solidarität aufgegeben werden und die Herstellung kollektiver Identität wieder in Abgrenzungen, Feindbildern und Machtübertragung an charismatische Führungsfiguren gesucht wird. Radikale und fundamentalistische Bewegungen nutzen die Verunsicherten, die erleben, dass ihnen gesellschaftliche Teilhabe und Perspektiven verstellt sind.

In besonderer Form wird dies in der Instrumentalisierung von Religionen deutlich. Durch Kampf gegen die Anderen, die Legitimierung von Hass und Gewalt werden Teilhabe, Macht, Sinn, Zugehörigkeit und Bedeutung suggeriert. Gegenwärtig ist aber auch zu erleben, wie die Vielzahl derer, die in Vielfalt, Toleranz, sozialer Solidarität und wechselseitiger Achtung leben wollen, begreifen, dass Machtmissbrauch auch durch die Nichtausübung der eigenen gesellschaftlich-politischen Mitverantwortung, durch Passivität und Rückzug ermöglicht wird.

Dieses Bewusstsein des Einzelnen setzt voraus, einen vernunftgeleiteten Zugriff auf sich selbst, also Macht über sich selbst zu haben, um so für die eigenen Überzeugungen eintreten zu können. Dieser psychische Aspekt schließt auch ein, mit der Ausdehnung des eigenen Selbst auf den anderen (B. C. Han) so umgehen zu können, dass dessen persönliche Integrität nicht beschädigt wird.

Ort · Zeit

Das 12. Kasseler Jugendsymposion beginnt am Donnerstag, den 4. Juni, um 17.15 Uhr, und endet am Sonntag, den 7. Juni 2015, mit dem Abschlussplenum um 16.15 Uhr. Veranstaltungsorte sind das Haus der Kirche in der Wilhelmshöher Allee in Kassel, die Räume des Lehrerseminars für Waldorfpädagogik Kassel und der Freien Waldorfschule Kassel. Die verschiedenen Veranstaltungsorte sind bequem zu Fuß oder mit der Straßenbahn zu erreichen.

Wiki zum Jugendsymposion